„Mehr Menschlichkeit in Unternehmen“

… das ist das Credo des Unternehmers Joachim Schäfer. Als Nachfolger im Familienunternehmen Schäfer Kunststofftechnik hat er eine lange Leidensgeschichte durchlebt, die in einer Insolvenz in Eigenverwaltung und dem Buch „Unsere Erfolgsinsolvenz“ mündete.

 Nehmen Sie uns mit auf die Reise in die Vergangenheit, Herr Schäfer: Wie haben Ihr Einstieg ins Familienunternehmen und die Beziehung zu Ihrem Vater sich gestaltet?

Ich habe nie blind gemacht, was mir jemand vorgemacht hat – dementsprechend gab es viele Reibungspunkte zwischen meinem Vater und mir. Meine Intuition hat mich zum Maschinenbau geführt, eine Beziehung zum Unternehmen meines Vaters hatte ich zu der Zeit aber nicht. Trotzdem hat er mich dann in die technische Leitung der Schäfer Kunststofftechnik reingeholt – und dass ich die Maschinen reparieren konnte, hat mir als Junior-Chef den Respekt des Teams verschafft. Anfang 1996 wurde ich Geschäftsführer und habe sofort alles infrage gestellt – das hat meinem Vater und meinem Onkel nicht gefallen, aber die Betriebsergebnisse sind durch die Decke gegangen.

Wie hat ihr Vater diesen Erfolg aufgenommen?

Je besser das Unternehmen dastand, desto schlechter wurde unsere Beziehung. Ich habe mit meinem Erfolg seine Lebensleistung infrage gestellt und einfach zu vieles komplett anders gemacht als er, das hat sein Sicherheitsbedürfnis getriggert. Was dann begonnen hat, war ein jahrelanger Kampf – eine Leidensgeschichte, aus der ich sehr viel gelernt habe, das ich jetzt als Mentor weitergeben kann. Die Betriebsergebnisse waren mega, aber die menschlichen Ergebnisse sehr traurig.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Wir haben einen Mitgesellschafter und einen zweiten Geschäftsführer als Aufpasser ins Unternehmen genommen – das waren keine guten Entscheidungen. Sowohl mein Vater als auch ich wollten das Beste und haben dabei zugelassen, dass wir ausgenutzt werden. Wir haben dann entschieden, auf der grünen Wiese komplett neu anzufangen, und haben für den Neubau fast sieben Millionen Euro investiert. Gleichzeitig wurde unser Streit immer schlimmer – sodass ich Ende 2014, im Vertrauen auf meine Mitarbeiter, die wichtigste Entscheidung meines Lebens getroffen habe: in die Insolvenz in Eigenverwaltung zu gehen. Damit hatte des Leiden ein Ende, die komplette Belegschaft ist sofort total erleichtert und hochmotiviert an die Arbeit gegangen. Dank unserer Transparenz haben wir keine Mitarbeiter, aber auch keine Kunden und Lieferanten verloren und waren nach ziemlich genau einem Jahr durch den Prozess hindurch. So ist aus dieser Insolvenz in Eigenverwaltung eine Erfolgsinsolvenz geworden.

Welche Erfahrung aus dieser Zeit ist Ihnen besonders gut in Erinnerung geblieben?

Alles lief auf einen Rechtsstreit mit dem Fremdgesellschafter hinaus – dieser Streit hätte sich aber über Jahre hingezogen, das Unternehmen ruiniert und 75 Arbeitsplätze vernichtet. Also habe ich mein Ego beiseitegelegt, den Fremdgesellschafter angerufen und mich mit ihm auf ein Bier zusammengesetzt. Und gegen den Rat einer Armada von Anwälten haben zwei Menschen für sich und für andere Menschen eine Lösung geschaffen – das hat mir noch einmal gezeigt, dass wir immer Lösungen finden, wenn wir menschlich miteinander umgehen.

Mit dem Wissen aus Ihrer Geschichte: Welche Tipps können Sie Unternehmern mit auf den Weg geben?

Sich um die Menschen zu kümmern ist einer der wichtigsten Aspekte von Unternehmensführung. Dabei ist es sehr wichtig, den Stress aus dem Unternehmen zu nehmen, sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Führungskräfte. Ein glücklicher Chef hat das Wohlergehen seiner Mitarbeiter im Blick – um glücklich sein zu können, muss er aber auch seine „dunkle Seite“ anschauen und sich fragen, was er ändern kann, um es den anderen leichter zu machen.

Was möchten Sie uns mit Blick auf 2030 abschließend noch mitgeben?

Die Solidarität meines Teams in der Insolvenz hat mir gezeigt, was es bedeutet, konsequent im Miteinander zu arbeiten. Dafür muss der Chef allerdings runter vom Podest.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

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Bild: Nora S @unsplash.com