Mit Nachhaltigkeit raus aus der Schlafmützigkeit

Mariusz Bodek leitet das Geschäftsfeld Digital Transformation bei der TÜV Rheinland Consulting GmbH (TRC). Im Gespräch erläutert er, was eine gute Unternehmensstrategie ausmacht, wie sich die Digitale Transformation bewältigen lässt und was Nachhaltigkeit damit zu tun hat.

 

War es schon immer Ihr Traum, als Führungskraft für Strategieentwicklung und digitale Transformationsprojekte zu wirken?

Ursprünglich wollte ich nicht mal studieren. Letztlich ist es ein Prozess gewesen, der sich entwickelt hat. Ab einem gewissen Punkt habe ich die Möglichkeit gesehen und wollte dann auch wissen, wie weit es geht. Das ist auch heute noch mein Antrieb: Mir geht es nicht um Macht oder Geld, ich will austesten, wie weit ich mit meinem einfachen Background komme.

 

Welche Werte sind für Sie als Führungskraft von Bedeutung?

Ich versuche, authentisch zu sein – auch wenn es Situationen gibt, in denen einem das entgleitet. Außerdem nehme ich kein Blatt vor den Mund – das kommt nicht immer gut an, aber viele wissen das auch zu schätzen. Ich fände es schwieriger, eine total verdeckte Agenda zu fahren.

 

Was macht aus Ihrer Sicht eine erfolgreiche Strategie aus? Gibt es Muster?

Eine Unternehmensstrategie ist zunächst einmal davon geprägt, dass sie ein vernünftiges Spielfeld braucht. Und dieses Spielfeld kann ich selber bestimmen, indem ich bestimmte Umweltfaktoren schaffen, die die gewünschte Kultur begünstigen. Die TRC beispielsweise war ein Unternehmen im Dornröschenschlaf – es gab weder ein klar niedergeschriebenes Wertekostüm noch eine klare Marketing- oder Vertriebsstrategie. Eine erfolgreiche Strategie setzt aber voraus, dass ich alle Spieler auf dem Feld habe, die ich brauche, um als Unternehmen überhaupt wirken zu können. Der kulturelle Nährboden muss so gelegt sein, dass das Unternehmen grob weiß, in welche Richtung es steuern will, aber auch weiß, wofür es das tut. Und es braucht die richtigen, intrinsisch motivierten Leute an den richtigen Stellen. Ob die Strategie dann erfolgreich ist, entscheiden letztendlich der Markt und der Kunde.

 

An welchen konkreten Kennzahlen kann man den Fortschritt einer Strategie erkennen?

Ehrlicherweise ist das oft ein Bauchgefühl. KPIs sind total wichtig, und die gucke ich mir natürlich an – aber auch mein Bauchgefühl und was die Verantwortlichen mir sagen hat für mich eine große Relevanz.

 

Wie leicht ist es denn, eine am Jahresanfang festgelegte Strategie nach ein paar Monaten noch zu ändern?

Wenn ich ein eigenständiges Unternehmen führe, kann und sollte ich die Strategie jederzeit anpassen, wenn es erforderlich wird. In Konzernstrukturen ist das deutlich schwieriger, da wird dann häufig Konsistenz oder die Sinnhaftigkeit der Ursprungsstrategie in Frage gestellt. Ich bin aber eher markt- und situationsgetrieben. Und wenn Widerstände aufgelöst und die Bedenkenträger mitgenommen werden, nimmt eine Strategie noch einmal ganz anders Fahrt auf.

 

Welche Aspekte müssen Unternehmer berücksichtigen, um eine erfolgreiche Digitale Transformation zu schaffen?

Dass Digitale Transformation nicht nur von Technologien getrieben wird, sondern auch der Mensch eine ganz wichtige Komponente ist. Das Verständnis der Menschen für die Maschinen und die Nutzung dieser Maschinen ist von enormer Bedeutung. Wenn ich die Digitale Transformation nicht am Menschen ausrichte, werde ich später auch wenig mit meinen digitalen Technologien machen können. Und wenn die Verantwortlichen das Thema nicht ernst nehmen, wird es schwierig.

 

Was brauchen Unternehmen, um auch 2023 noch am Markt zu bestehen?

In Deutschland machen wir uns zu wenige Gedanken um Chancen – und wenn es so weitergeht, werden wir 2030 von vielen anderen Ländern überholt worden sein. Mein Blick richtet sich daher eher auf 2045 – das korrespondiert auch mit den wichtigsten Nachhaltigkeitszielen, die wir in der Europäischen Union haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Thema Nachhaltigkeit eine Chance ist, die Schlafmützigkeit der letzten zehn, zwanzig Jahre bei der Digitalisierung in einen wahnsinnigen Vorteil umzumünzen. Wenn wir diese beiden Themen miteinander vereinen, können wir dieses Land ein bisschen besser machen – da gibt es wahnsinnig viele Realisierungspotenziale. Dafür brauchen wir allerdings ein überparteiliches Verständnis von den wichtigsten Aufgaben des Landes.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

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„Mehr Menschlichkeit in Unternehmen“

… das ist das Credo des Unternehmers Joachim Schäfer. Als Nachfolger im Familienunternehmen Schäfer Kunststofftechnik hat er eine lange Leidensgeschichte durchlebt, die in einer Insolvenz in Eigenverwaltung und dem Buch „Unsere Erfolgsinsolvenz“ mündete.

 Nehmen Sie uns mit auf die Reise in die Vergangenheit, Herr Schäfer: Wie haben Ihr Einstieg ins Familienunternehmen und die Beziehung zu Ihrem Vater sich gestaltet?

Ich habe nie blind gemacht, was mir jemand vorgemacht hat – dementsprechend gab es viele Reibungspunkte zwischen meinem Vater und mir. Meine Intuition hat mich zum Maschinenbau geführt, eine Beziehung zum Unternehmen meines Vaters hatte ich zu der Zeit aber nicht. Trotzdem hat er mich dann in die technische Leitung der Schäfer Kunststofftechnik reingeholt – und dass ich die Maschinen reparieren konnte, hat mir als Junior-Chef den Respekt des Teams verschafft. Anfang 1996 wurde ich Geschäftsführer und habe sofort alles infrage gestellt – das hat meinem Vater und meinem Onkel nicht gefallen, aber die Betriebsergebnisse sind durch die Decke gegangen.

Wie hat ihr Vater diesen Erfolg aufgenommen?

Je besser das Unternehmen dastand, desto schlechter wurde unsere Beziehung. Ich habe mit meinem Erfolg seine Lebensleistung infrage gestellt und einfach zu vieles komplett anders gemacht als er, das hat sein Sicherheitsbedürfnis getriggert. Was dann begonnen hat, war ein jahrelanger Kampf – eine Leidensgeschichte, aus der ich sehr viel gelernt habe, das ich jetzt als Mentor weitergeben kann. Die Betriebsergebnisse waren mega, aber die menschlichen Ergebnisse sehr traurig.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Wir haben einen Mitgesellschafter und einen zweiten Geschäftsführer als Aufpasser ins Unternehmen genommen – das waren keine guten Entscheidungen. Sowohl mein Vater als auch ich wollten das Beste und haben dabei zugelassen, dass wir ausgenutzt werden. Wir haben dann entschieden, auf der grünen Wiese komplett neu anzufangen, und haben für den Neubau fast sieben Millionen Euro investiert. Gleichzeitig wurde unser Streit immer schlimmer – sodass ich Ende 2014, im Vertrauen auf meine Mitarbeiter, die wichtigste Entscheidung meines Lebens getroffen habe: in die Insolvenz in Eigenverwaltung zu gehen. Damit hatte des Leiden ein Ende, die komplette Belegschaft ist sofort total erleichtert und hochmotiviert an die Arbeit gegangen. Dank unserer Transparenz haben wir keine Mitarbeiter, aber auch keine Kunden und Lieferanten verloren und waren nach ziemlich genau einem Jahr durch den Prozess hindurch. So ist aus dieser Insolvenz in Eigenverwaltung eine Erfolgsinsolvenz geworden.

Welche Erfahrung aus dieser Zeit ist Ihnen besonders gut in Erinnerung geblieben?

Alles lief auf einen Rechtsstreit mit dem Fremdgesellschafter hinaus – dieser Streit hätte sich aber über Jahre hingezogen, das Unternehmen ruiniert und 75 Arbeitsplätze vernichtet. Also habe ich mein Ego beiseitegelegt, den Fremdgesellschafter angerufen und mich mit ihm auf ein Bier zusammengesetzt. Und gegen den Rat einer Armada von Anwälten haben zwei Menschen für sich und für andere Menschen eine Lösung geschaffen – das hat mir noch einmal gezeigt, dass wir immer Lösungen finden, wenn wir menschlich miteinander umgehen.

Mit dem Wissen aus Ihrer Geschichte: Welche Tipps können Sie Unternehmern mit auf den Weg geben?

Sich um die Menschen zu kümmern ist einer der wichtigsten Aspekte von Unternehmensführung. Dabei ist es sehr wichtig, den Stress aus dem Unternehmen zu nehmen, sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Führungskräfte. Ein glücklicher Chef hat das Wohlergehen seiner Mitarbeiter im Blick – um glücklich sein zu können, muss er aber auch seine „dunkle Seite“ anschauen und sich fragen, was er ändern kann, um es den anderen leichter zu machen.

Was möchten Sie uns mit Blick auf 2030 abschließend noch mitgeben?

Die Solidarität meines Teams in der Insolvenz hat mir gezeigt, was es bedeutet, konsequent im Miteinander zu arbeiten. Dafür muss der Chef allerdings runter vom Podest.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

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