Wenn der Krebs auf einen Vollblut-Unternehmer trifft

Edgar Melzner ist Maschinenbauingenieur und hat nach dem Studium im Jahre 1989 ein Unternehmen für Sensortechnik gegründet und international bekannt gemacht. Mitten in einer Wachstumsphase stellte dann eine Krebs-Diagnose seine Pläne auf den Kopf – ich habe mich mit ihm darüber unterhalten, wie er die Zukunft seines Unternehmens gesichert hat und welche weiteren Pläne er hat.

Wir haben uns 2008, mitten in der Finanzkrise, kennengelernt. Was war damals der Grund für Sie, sich externe Hilfe zu suchen, Herr Melzner?

Der Halbleitermarkt war schon immer von starken Auf uns Abs geprägt – als 2008 die Finanzkrise dazukam, sind uns innerhalb von wenigen Monaten 50 Prozent unserer Auftragseingänge weggebrochen. Das Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt – mit einer Eigenkapitalquote von 70 Prozent – prinzipiell gesund, sodass ich mir zunächst keine großen Sorgen gemacht und Unterstützung bei der IHK gesucht habe. Sie waren damals im Bereich Unternehmensfinanzierung tätig und haben mir beim Wechsel der Hausbank und der Bewältigung der Krise geholfen.

In 2012 hat Sie dann eine weitere Krise ereilt und Sie haben mich wieder aufgesucht – wie kam es dazu?

2010 und 2011 waren sehr erfolgreiche Jahre für das Unternehmen, wir hatten große Zukunftspläne, die in erster Linie mit Wachstum und neuen Märkten zu tun hatten. Ende 2012 habe ich dann im Rahmen einer Routineuntersuchung bei meinem Hausarzt eine Krebsdiagnose erhalten – und die Empfehlung, meine Dinge zu regeln. Ab diesem Moment ging es für mich vor allem um die Frage „Was muss ich tun, damit a) meine Familie und b) meine Mitarbeiter eine Zukunft haben?“ Also habe ich mich mit den beiden Alternativen Nachfolge oder Verkauf beschäftigt – und dabei erneut die Unterstützung der IHK gesucht.

Sie haben sich letztlich für den Verkauf entschieden. Wie lange hat es gedauert, bis dieser Prozess abgeschlossen war?

Ich bin davon ausgegangen, dass mir nur noch eine beschränkte Zeit bleibt und habe mir zwölf Monate für die Abwicklung gegeben. Nach den ersten Gesprächen mit Beratungsunternehmen, die sich auf Mergers & Acquisitions spezialisiert haben, habe ich mich entschieden, die Verkaufsunterlagen lieber selbst aufzusetzen, und mich in meinem Netzwerk nach potenziellen Kandidaten für den Kauf umgesehen. Das hat mir großen Spaß gemacht und sehr schnell sind daraus konkrete Verhandlungen geworden, sodass ich am Schluss die Wahl zwischen mehreren Interessenten hatte. Ich habe mich für den entschieden, der nicht nur am Unternehmen interessiert war, sondern mir auch noch eine beratende Rolle darin zugedacht hat.

Letztlich haben Sie dann noch sieben Jahre in dem neuen Unternehmen gewirkt. Wie ist es Ihnen dabei rückblickend ergangen?

Das kaufende Unternehmen ist mit dem Kauf in einen vollkommen neuen und sehr spezialisierten Geschäftsbereich vorgedrungen – es war daher extrem wichtig, die Übergabe zu begleiten. Aus gesundheitlicher Sicht war mir nicht klar, dass das so lange gehen würde – ich bin von maximal fünf Jahren ausgegangen, dann wurde der Vertrag zweimal um jeweils ein Jahr verlängert. Seit Ende 2020 bin ich nur noch als externer Berater im Einsatz.

Nach wie vor sprühen Sie vor Ideen. Was haben Sie noch vor und wo sehen Sie sich in 2030?

Momentan beschäftigt mich die Diskrepanz zwischen der Politik, die das Rentenalter anheben will, und den Unternehmen, die ältere Mitarbeiter in Frührente schicken wollen. Es gibt kein Modell für Mitarbeiter, die den Leistungszenit überschritten haben und die Arbeitszeit reduzieren möchten, aber trotzdem nach wie vor wichtige Beiträge zum Unternehmenserfolg leisten können. Deshalb denke ich ernsthaft über die Gründung eines Unternehmens nach, bei dem die Einstellungsvoraussetzung ein Alter von 60 plus ist. Abgesehen davon möchte ich möglichst offen bleiben, möglichst viele Dinge tun, immer unternehmerisch tätig bleiben – und dabei niemals den Ausgleich mit Hobbys und Familie vergessen.

Sie möchten sich mit einem externen Berater Gedanken über die Nachfolgeregelung für Ihr Unternehmen machen? Als Change-Experte tausche ich mich gerne mit Ihnen aus. Termin vereinbaren hier!

(Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“ vom 21. Juli 2021, den Sie hier in voller Länge hören können. Der Podcast ist auch auf itunes und spotify verfügbar. )