„Schätze, was du hast, und gehe schonend damit um.“

Alexandra Gölz ist Jungunternehmerin und hat mit den „Putzhelden“ ein Start-up gegründet, das sich ganz und gar der umweltfreundlichen Haushaltsreinigung verschrieben hat. Im Gespräch erläutert sie, was das mit ihrer Heimat Tadschikistan zu tun hat und welche Tipps sie anderen Gründern mit auf den Weg geben möchte.

 

Du hast im September 2022 das Start-up „Putzhelden“ gegründet. Was unterscheidet deine Putzmittel von anderen?

Die Putzhelden sind aktuell acht Reiniger für den Haushalt. Für jeden Reiniger habe ich einen Avatar und einen Namen entwickelt – von Glossy bis Steel. Das Besondere an den Putzhelden sind die Inhaltsstoffe: Wir verwenden ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe, die völlig unbedenklich für Kinder und Haustiere sind. Außerdem kommen die Putzhelden in Glasflaschen – die sind recyclingfähig und verhindern die Bildung vom Xenoöstrogenen, die auf das Hormonsystem des menschlichen Körpers wirken. Und auf Farbstoffe, die nur fancy aussehen, aber nichts zur Reinigung beitragen, verzichten wir auch.

 

Als Lieferantin hast du tiefe Einblicke in das Putzverhalten von Menschen. Gehen Männer das Thema anders an als Frauen?

Unter meiner Kundschaft sind genauso viele Männer wie Frauen. Viele Männer legen sehr viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit und scheinen sehr penibel zu sein, was das Putzen angeht. Ich freue mich über jeden Mann, der das Standard-Rollenverständnis aufhebt und sich dabei auch noch Gedanken um Nachhaltigkeit macht.

 

Welche nächsten Schritte hast du mit deinem Start-up vor?

Aktuell arbeiten wir an einem richtig coolen Online-Shop, der dich Schritt für Schritt zum richtigen Reinigungsmittel führt. Parallel arbeiten wir am Ausbau unserer Kundenbasis – dazu sind wir auf Messen und suchen Kooperationspartner. Mein absoluter Traum ist es, dass denn’s die Putzhelden ins Sortiment aufnimmt.

 

Welche drei Punkte möchtest du künftigen Gründern mitgeben?

Verabschiedet euch von der Idee: „Ich habe ein Produkt und werde über Nacht reich.“ Das funktioniert nicht. Wichtig ist, dass man eine geile Idee hat, die da draußen gebraucht wird. Noch wichtiger ist es, sich Experten an die Seite zu holen und das Ganze mit einem richtig guten Coaching als Basis zu starten. Und das Allerwichtigste ist, stets an sich und die Idee zu glauben und dranzubleiben. Du weißt nie, welcher Kontakt oder welches Telefonat dir die richtige Tür öffnet. Immer wenn bei mir der Zweifel aufkommen, denke ich an Walt Disney: Der wurde über 300-mal abgewiesen und hat trotzdem immer an sich geglaubt.

 

Du bist in Tadschikistan geboren und 1994 mit deiner Familie nach Jever gekommen. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen und wie spiegelt sich das möglicherweise sogar in deinem Start-up wider?

Ich komme aus einem Land, in dem nachhaltiges und ressourcenschonendes Leben überlebensnotwendig ist. Während des Bürgerkrieges gab es selten Strom und nur zu bestimmten Tageszeiten Wasser. Man musste mit dem Vorhandenen haushalten und beispielsweise mit dem Abwasser vom Gemüsewaschen die Blumen gießen oder die Klospülung betätigen. Ich bin mit dem Bewusstsein aufgewachsen: Schätze, was du hast, und gehe schonend damit um. Wenn wir uns anders verhalten hätten, hätten wir in Tadschikistan nicht überleben können.

 

Was sind deine drei wichtigsten Lektionen als Gründerin, die du gerne weitergeben möchtest?

Du brauchst gute Experten an deiner Seite, die Ahnung haben von dem, was sie dir beibringen wollen. Du brauchts sehr viel Selbstfürsorge und damit automatisch auch Selbstliebe. Und du brauchst ein Umfeld, das dich trägt.

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„Denkt nicht, dass ihr Männer imitieren müsst!“

Julia Hägele ist Chefredakteurin von herCAREER, Europas führender Networking- und Karriere-Plattform für Frauen, und Pressesprecherin der dazugehörigen Messe herCAREER Expo. Im Gespräch erläutert sie, welchen Herausforderungen sich Frauen auch heute noch in der Arbeitswelt stellen müssen und wie Unternehmen ein Umfeld schaffen können, das weibliche Führungskräfte fördert.

 

Neben deinem Posten als Chefredakteurin bist du auch selbstständige Journalistin. Was braucht es dazu?

Als selbstständige Journalistin braucht es im Idealfall eine gute journalistische Ausbildung, ein bisschen unternehmerisches Geschick und den Willen, sich ein Netzwerk aufzubauen.

 

Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen, denen sich Frauen heute am Arbeitsplatz stellen müssen?

Die Herausforderungen sind für Frauen und Männer zunächst einmal dieselben. Dann gibt es allerdings so ein paar Spezifika – wenn es zum Beispiel an die Familiengründung oder an die ganz hohen Posten geht. Beispielsweise nehmen Männer wesentlich weniger Elternzeit als Frauen, was auf dem Arbeitsmarkt den Trugschluss entstehen lässt, dass Frauen nicht so verlässliche Arbeitnehmerinnen sind. Hier muss kulturell noch viel passieren: In den Parlamenten und Vorständen ist noch viel Luft nach oben.

 

Wie können Unternehmen deiner Meinung nach ein Umfeld schaffen, das weibliche Führungskräfte fördert und unterstützt?

Der erste Schritt ist ein Bewusstsein für die Thematik. Außerdem finde ich das Thema „Vorbilder“ sehr wichtig: Wenn die Chefin pünktlich geht, um ihr Kind abzuholen oder ihre Eltern zu pflegen, dann hat das einen Vorbildcharakter. Und dann sind es ganz konkrete Sachen: Ich lege beispielweise keine Meetings auf 18 Uhr, weil das für manche Kolleg*innen ein Problem darstellen könnte. Ich kann als Führungskraft allen Mitarbeitenden zuhören, auch den nicht so lauten. Und ich kann versuchen, Entwicklungspotenziale zu erkennen. Mit diesen teilweise kleinen Änderungen kann man ganz viel erreichen.

 

Wie siehst du das Zusammenspiel von Frauen und Männern in Unternehmen?

Ich denke, Frauen und Männer können sehr gut zusammenarbeiten, gemischte Team sollen sogar innovativer und erfolgreicher sein. Im Prinzip geht es darum, als Team gut zu funktionieren. Und in Führungsdingen halte ich es für wichtig, dass Frauen nicht ausschließlich Männer imitieren, sondern ihren eigenen Führungsstil entwickeln – da gibt es viel Potenzial.

 

Welchen Rat würdest du abschließend Frauen geben, die in ihrer Karriere erfolgreich sein und vielleicht eine Führungsrolle übernehmen möchten?

Denkt nicht, dass ihr Männer imitieren müsst, findet euren eigenen Weg. Und ganz wichtig: Tauscht euch aus, vernetzt euch!

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Bild: Lindsey Lamont @unsplash.com

 

 

„Ein Leader führt sich in erster Linie selbst.“

Sebastian Kneißl ist ehemaliger Profi-Fußballer, hat ein Jahr als Streetworker in London gelebt und gibt seine Erfahrungen heute als Coach weiter. Im Gespräch erläutert er, welche Bedeutung Tiefphasen für die Persönlichkeitsentwicklung haben, was eine gute Führungskraft ausmacht und welche Rolle Eigenverantwortung für unternehmerischen Erfolg spielt.

 

Als Coach legst du besonderen Wert auf den mentalen Bereich – warum?

Ich bin mit 17 zum FC Chelsea gegangen und habe meine Profi-Karriere mit 24 wieder beendet. Der Grund waren nicht mangelnde Angebote, sondern die psychologische Überforderung. Später habe ich diese Zeit aufgearbeitet und danach eine Ausbildung zum Sportmentaltrainer gemacht, um auch andere in diesem Bereich unterstützen zu können.

 

Muss man tief fallen, um seine persönliche Erdung zu erfahren?

Bei mir ging es in jungen Jahren als Fußballer immer nur nach oben – dann denkst du irgendwann „Das wird immer so laufen.“ Und das ist gefährlich – auch für Unternehmen, wenn sie sich in der Wachstumsphase befinden. Das macht Spaß, aber irgendwann gibt es auch eine andere Richtung. Bei mir war der Tiefpunkt 2014 erreicht, als ich mit schwangerer Freundin im teuren München wegen eines Burnouts meinen Job aufgeben musste. Das hat die Verhältnisse wieder geradegerückt – und ich habe gelernt, dass es nach einem solchen Tief natürlich irgendwann auch wieder aufwärts geht.

 

Warum tun wir uns mit Veränderungen so schwer und was kann eine gute Führungskraft dagegen tun?

Jede Veränderung bedeutet Unsicherheit und ist daher mit Ängsten verbunden. Als Führungskraft ist es meine Verantwortung, diese Ängste zu verstehen und dementsprechend zu kommunizieren – und zwar eins zu eins.

 

Leadership ist deine Kernkompetenz. Welchen Anteil hat ein Trainer oder eine Führungskraft am Erfolg oder Misserfolg eines Teams?

Mein Leitsatz ist „Ein Leader führt sich in erster Linie selbst.“ Bevor ich in Team-Führung gehe, muss ich erstmal wissen: Wo stehe ich? Wer bin ich? Was triggert mich? Und wie reguliere ich das Ganze? Wenn das gegeben ist, folgen mir Menschen automatisch, denn das strahlt ab. Ein Trainer oder eine Führungskraft ist nicht für die fachliche Kompetenz da, sondern dafür verantwortlich, wie stark der Einzelne sich mit der übergeordneten Idee identifiziert, das große Warum versteht und dementsprechend motiviert ist.

 

Ob im Sport oder in der Gesellschaft: Immer wieder ist von „Eigenverantwortung“ die Rede. Wie stehst du dazu?

Ich bin schon während meiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann zum Abteilungsleiter einer von mir ins Leben gerufenen Abteilung geworden. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Erfahrungen in der Wirtschaft, und habe erstmal versucht, meinem Team zu sagen, was es zu tun hat. Als dann die Ergebnisse ausblieben, habe ich nach Alternativen gesucht – und es die Leute so machen lassen, wie es ihren individuellen Ressourcen und Persönlichkeiten entsprach. Mit dieser Taktik bin ich sehr gut gefahren. Ich war mutig genug, Vertrauen zu geben und Verantwortung abzugeben

 

Wenn du uns heute drei Impulse mitgeben könntest – welche wären das?

Erstens: Beginnt immer bei euch selbst. Zweitens: Kommuniziert empathischer – das heißt nicht, dass ihr nicht kritisch sein dürft. Und drittens: Keine Perfektion, bitte. Authentizität geht vor Perfektion.

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Bild: Jehyun Sung @unsplash.com

 

 

„Wir haben keinen Fachkräftemangel.“

Daniela Egger ist systemischer Coach und Interim Managerin in den Bereichen Finance und HR. Ihre besondere Leidenschaft gilt der Arbeit mit Menschen – und mit Pferden. Im Gespräch erläutert sie, was eine positive Führungskultur ausmacht, wie sich geeignetes Personal finden lässt und was Pferde dazu beitragen können.

 

Frau Egger, was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Alles. Ich habe den Traumberuf für mich gefunden – es muss allerdings immer HR dabei sein. Das ist meine große Leidenschaft, ein Interim-Mandat ohne HR nehme ich nicht an.

 

Damit sind wir schon bei Stichwort Führung. Wie definieren Sie eine positive Führungskultur und welche Eigenschaften sind aus Ihrer Sicht wichtig, um eine solche zu schaffen?

Man braucht eigentlich nur Wertschätzung – und die zeigt sich meist in der Kommunikation. Bitte und Danke sind schon äußerst selten, vor allem im Start-up-Umfeld. Bei mir braucht sich niemand abzumelden, um zum Arzt zu gehen, das sollen die Mitarbeiter untereinander abstimmen. Ich arbeite in agilen Scrum-Teams, verlasse also veraltete Strukturen, in denen sehr viel Kontrolle herrscht.

Wertschätzung ist auch, dass ich den Kollegen vertraue und immer ein offenes Ohr für Sie habe. Obstkorb und Kicker nützen überhaupt nichts, wenn die Kultur des Vertrauens nicht stimmt. Ich mische mich grundsätzlich nicht in Arbeitsabläufe ein: Ich arbeite komplett mit in meinen Bereichen, ich bin Ansprechperson, aber ich lasse alle möglichst autark arbeiten. Dabei ist mir auch vollkommen egal, wo die Arbeit gemacht wird. Und natürlich sollten alle jederzeit wissen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden.

 

Wenn Sie eine „Kultur der Wertschätzung“ auf drei Punkte reduzieren müssten: Welche wären das?

Vertrauen, Offenheit und Rückhalt – das sind drei Punkte, die den Beschäftigten guttun. Mein Team weiß: Egal was ist, meine Tür steht auf. Und dazu gehört auch eine faire Trennungskultur

 

Das führt mich zum Thema Fachkräftemangel: Welche Ideen geben Sie Unternehmen mit, damit sie das richtige Personal finden?

Wir haben keinen Fachkräftemangel. Ich habe im letzten Jahr ohne Anzeige 117 Stellen besetzt – einfach nur, indem ich mich abends an LinkedIn gesetzt habe, etwas nahbar war und Leute angesprochen habe. Vor allem im Bereich IT musst du agil sein und ganz anders auf die Leute zugehen. Das heißt aber auch: Wenn sich am Sonntag jemand bei mir bewirbt, hat der am Montag früh von mir als Führungskraft einen Anruf. In diesem ersten Telefon werden bereits alle relevanten Daten und Fakten ausgetauscht, das zweite Gespräch findet dann persönlich im Unternehmen statt, im dritten Gespräch lernt der Bewerber das komplette Team kennen. Man muss schnell sein – auch mit den Verträgen. Und wenn ein Kriterium nicht erfüllt ist, sonst aber alles passt, lassen sich beispielsweise fehlende Sprachkenntnisse schnell auffrischen.

 

Sie sind nicht nur Interim Managerin, sondern auch Pferdecoach. Was müssen wir uns darunter vorstellen?

Vor über 20 Jahren habe ich das erste Pferd vom Schlachthof gerettet. Daraus ist ein Gnadenhof geworden, den ich Kindern mit körperlichen und geistigen Behinderungen zugänglich gemacht habe. Die positiven Erfahrungen aus dieser Arbeit habe ich in den Bereich Führungskräfteentwicklung mitgenommen. Ich kann einem Manager viel erzählen, aber ein Pferd spiegelt sein Verhalten wie kaum ein anderes Lebewesen. Wer ein Pferd zum Mitarbeiten bewegen will, indem er an ihm zieht, wird scheitern. Im Pferdecoaching lernen gerade Manager mit einer hohen Mitarbeiterfluktuation, wie sie das Pferd – und damit auch ihr Team – zum freiwilligen Mitgehen motivieren und eine Einheit miteinander bilden.

 

Was möchten Sie uns für die kommende Zeit mitgeben und was braucht es dazu?

Corona hat uns in Finance und HR extrem belastet – ich wünsche uns allen etwas mehr Ruhe und weniger Aggressivität.

 

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Bild: Nick Fewings @unsplash.com

 

 

„Es gibt zwei Arten von Unternehmern: schlechte und gute.“

Ulvi I. Aydin ist seit 18 Jahren als Interim Manager tätig – vor allem in den Bereichen Vakanzüberbrückung, Going-to-market-Strategien und Restrukturierung. Auch als Beirat bringt er seine Expertise in Unternehmen verschiedenster Branchen ein. Im Gespräch erläutert er die drei Phasen im Unternehmen, was guten von schlechten Unternehmern unterscheidet und was bei der Installation eines Beirats beachtet werden sollte.

 

Wenn du auf deine 18 Jahre Erfahrung zurückschaust und nur die Unternehmen betrachtest: Wie haben die sich verändert?

Eines der dramatischen Probleme in vielen Unternehmen ist, dass sich keine Zeit mehr für die Menschen genommen wird. Es herrscht der Glaube, Wertschätzung drücke sich in einem jährlichen Feedback-Gespräch aus. Wahre Wertschätzung ist aber, wenn man das achtmal im Jahr macht. Wenn ein Chef sich keine Zeit für seine Mitarbeiter nimmt, agiert er wie ein Vater, der seinen Kindern sagt „Dafür habe ich jetzt keine Zeit, geh Fahrradfahren.“ Das eine ist ein schlechter Vater, das andere ist eine schlechte Führungskraft. Und die wirkt sich nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Produktivität des Unternehmens aus: Wer sich wertgeschätzt fühlt, ist in der Regel produktiver.

 

Du postulierst immer wieder: Es gibt nur drei Phasen im Unternehmen. Welche sind das?

Die drei Phasen sind Restrukturierung, Konsolidierung und Wachstum. In der Restrukturierung brauchst du andere Maßnahmen, andere Kommunikation, andere Techniken – und teilweise auch andere Manager. Die müssen Restrukturierung wollen und können. Wenn deine Toilette verstopft ist und die Kloschüssel kurz vorm Überlaufen ist, kannst du lange überlegen, im Internet nach einer Lösung recherchieren, in der Warteschleife des Klempners hängen – oder du krempelst die Ärmel hoch greifst mitten rein. Andernfalls ist dein ganzes Badezimmer, deine ganze Wohnung im Eimer. Das ist Restrukturierung!

Wenn du das geschafft hast, kommst du in die Konsolidierungsphase – da geht es dir schon besser, aber immer noch nicht gut. Du wechselst also von der Intensivstation in die Reha; und danach kommt die Wachstumssituation. Im Wachstum brauchst du wieder andere Dinge: mehr Freiheit, eine andere Budgetverwendung – und andere Charaktere. Wichtig ist, immer zu wissen, in welcher Phase du gerade bist, und dich auf die nächste Phase vorzubereiten. Wenn du in der Wachstumsphase bist, musst du die Restrukturierung schon wieder als Plan in der Schublade haben.

 

Was würdest du Unternehmern heute mit Blick auf 2030 mitgeben?

Zunächst einmal möchte ich sagen: Keep cool. Die Welt ist nicht schlimmer geworden, nur die Herausforderungen sind halt anders. Es gab den Ersten Weltkrieg, die große Inflation, den Zweiten Weltkrieg, den Wiederaufbau, den Korea- und Vietnamkrieg, die Ölkrise in den Siebzigern, RAF-Terror in Deutschland und so weiter. Jede Generation hatte ihr schlimmes Erlebnis – das wird häufig vergessen. Die Frage ist also: Wie nehmen wir eine Krise wahr und wie gehen wir damit um?

Es gibt zwei Arten von Unternehmern: schlechte und gute. Schlechte Unternehmer geraten in Panik, gute Unternehmer bleiben ruhig und handeln überlegt. Einen Plan zu haben, ist die allerwichtigste Aufgabe eines Unternehmers. Und die schlimmsten Krisen spielen sich ohnehin innerhalb von Unternehmen ab und nicht außerhalb. Wenn zum Beispiel Mitarbeiter oder Kunden gehen, dann hat das ja einen Grund.

 

Ein Weg, erfolgreich in 2030 anzukommen, ist mitunter die Einrichtung eines Beirats. Was braucht es, um einen vernünftigen Beirat zu installieren?

Ein guter Beirat ist immer ein unbequemer Beirat. Deshalb sollte er sich nicht aus Studienfreunden, Familienmitgliedern oder Menschen mit Eigeninteressen – wie dem eigenen Rechtsanwalt oder Steuerberater – zusammensetzen. Idealerweise kennen die Beteiligten sich vorher nicht und kommen aus den verschiedensten Professionen.

Wichtig ist es auch, vorher festzulegen, wohin die Reise gehen soll: Wollen wir mit einem freien Beirat im unverbindlichen Austausch bleiben oder wollen wir einen satzungsgemäßen Beirat oder sogar einen Aufsichtsrat installieren? Bei den letzten beiden Formen kommen Haftungsfragen ins Spiel.

 

Wie hast du dich in Sachen Haftung fit für deine Beiratsaufgaben gemacht?

Ich habe eine entsprechende Versicherung abgeschlossen und eine Prüfung zum von der Deutschen Börse zertifizierten Beirat abgelegt. Für Rückfragen habe ich einen Anwalt an meiner Seite ­– und in den Beiratsmandaten betone ich immer, dass ich nur berate, die Entscheidungen jedoch von der Geschäftsführung getroffen und verantwortet werden.

 

Mit Blick auf 2030: Wie wird es einerseits für das Interim Management und andererseits für Unternehmen werden?

Ich glaube, die Zukunft ist gut. Die Herausforderungen werden nicht weniger, dementsprechend hoch ist der Unterstützungsbedarf durch Interim Manager und Beiräte. Es wird immer normaler, in bestimmten Phasen mit Managern auf Zeit zusammenzuarbeiten.

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Bild: John Hain @pixabay.com

 

 

Einfach mal anfangen – Ein Innovator spricht Klartext!

Als Gründer und CEO der Innovationsagentur Future Candy in Hamburg ist Nick Sohnemann Experte im Bereich Trend- und Innovationsforschung. Im Gespräch erläutert er, was eine Innovationsagentur macht, welche Trends uns in den nächsten 15 Jahren beschäftigen werden und woran es in Deutschland in Sachen Innovationskultur mangelt. 

 

Was macht eine Innovationsagentur, Nick?

Wir gucken uns neue Themen und Technologien an, bringen die in die Gegenwart und zeigen Unternehmen, was bereits heute damit geht und was das mit dem Business der Zukunft zu tun hat. Agentur nennen wir uns, weil wir den Menschen die Innovationen nicht nur zeigen, sondern dann auch entsprechende Anwendungen für sie bauen.

 

Was treibt dich dabei an?

Ich glaube, ich habe ein Kindheitstrauma: Meine Eltern haben mir alle diese Technologien – vom C64 über den Atari bis zum Nintendo – vorenthalten. Wahrscheinlich habe ich deshalb jetzt eine Firma, die sich andauern mit den neuesten, coolen Technologien beschäftigt. Außerdem habe ich vielleicht ein bisschen mehr Pioniergeist als andere: Ich war zu meiner Zeit einer der ersten, der seinen Bachelor in England gemacht hat, und in meinem ersten Angestellten-Job habe ich sofort die Hand gehoben, als Leute für neue Sachen wie Facebook, YouTube und Co. gesucht wurden. Ich habe überhaupt keine Berührungsängste: Wenn etwas neu ist, gehe ich da sogar extra hin. Und daraus habe ich letztlich einen Job gemacht.

 

Was fehlt deutschen Unternehmern, um mit der weltweiten Innovation Schritt zu halten?

Ich glaube, das ist eine Gemengelage von Themen. Zuerst einmal sind wir eine schrumpfende Bevölkerung; junge, eher digital orientierte Menschen sind also in der Unterzahl. Außerdem haben wir eine geschichtlich geprägte Angst vor Technologien: Die wurden in Deutschland beispielsweise zum Abhören missbraucht, weshalb der Datenschutz hier sehr großgeschrieben wird. Zudem haben wir einen extrem hohen Wohlstand, weshalb es keinen großen Veränderungsdruck gibt. Und letztlich haben wir uns ein bürokratisches System geschaffen, in dem wir gar nicht so schnell etwas verändern können – obwohl viele Manager das wollen.

 

Viele Unternehmen reagieren mit Personalabbau auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung. Wie könnte man mit einer solchen Situation kreativer und innovativer umgehen?

Ich kann keine Pandemie und keinen Krieg beenden, die Inflation nicht reduzieren. Trotzdem muss ich als Unternehmer weitermachen – und da hilft es oft, die große und von den Medien getriebene volkswirtschaftliche Brille abzusetzen. „Ich kann jetzt nicht in Innovation investieren, ich muss jetzt erstmal meinen Kernbetrieb aufrechterhalten“ führt angesichts des aktuellen Strukturwandels letztlich zum Untergang eines Unternehmens.

 

2030 ist nur noch sieben Jahre hin – welche Trends werden uns aus deiner Sicht in dieser Zeit beschäftigen?

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die beiden Megatrends der nächsten 15 Jahre – das wird niemanden überraschen. Doch was heißt das konkret? In Sachen Nachhaltigkeit werden wir immer mehr in Richtung Kreislaufwirtschaft gehen. Der Vorteil daran: Ich muss die Rohstoffe nur einmal einkaufen, mache ein Produkt daraus, schicke es zu meinen Kunden, nehme es später wieder zurück und mache ein neues Produkt daraus. Im Bereich der Digitalisierung wird beispielsweise Metaverse eine vollkommen neue Meeting-Kultur befeuern, Weiterbildungen werden ortsunabhängig und dreidimensional in einer Virtual Reality stattfinden. Und wie kann es sein, dass wir im Gesundheitsbereich noch mit Papierrezepten und Arztbriefen per Fax arbeiten und beim Zoll 16-seitige Dokumente per Hand ausfüllen müssen?

 

Du guckst immer gerne auf den chinesischen Markt. Was machen die Chinesen anders als wir?

Die chinesische Wirtschaft ist erst in den 80er-Jahren richtig angelaufen, da ist die Digitalisierung von Anfang an dabei gewesen. Und weil alles umarmt wurde, was den Wohlstand verbessert hat, wurde natürlich auch die Digitalisierung begrüßt. Außerdem haben die Chinesen eine sehr gute Wirtschaftspolitik – eine Art Planwirtschaft, gepaart mit smartem Kapitalismus. In Deutschland wird vieles dem Markt überlassen, der aber durch Bürokratie und Verwaltung ausgebremst wird.

 

Zum Abschluss: Was braucht es also, damit wir gut in 2030 ankommen?

Wir dürfen uns nicht von der reißerischen Berichterstattung der Medien prägen lassen und sollten unsere mentale Gesundheit erhalten. Und ganz praktisch geht es um das Tun: Warum lassen Manager sich die Digitalisierung von ihren Kindern erklären, statt sich selber mal eine VR-Brille zu kaufen oder ein Gesundheitssystem in der Firma einzuführen? Einfach mal niederschwellig anfangen!

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Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer

Sara Hallbauer ist freiberufliche Marketing- und E-Commerce-Expertin, in ihrer Freizeit fährt sie Ultra-Radrennen. Im Gespräch erläutert sie, wie sie von der Kettenraucherin zur Ausdauersportlerin wurde, was die großen Themen im E-Commerce sind und welche Parallelen es zwischen Unternehmertum und Bikepacking gibt.

 

Wie genau müssen wir uns deinen Beruf vorstellen, Sara?

Ich habe 20 Jahre Erfahrung im Marketing- und Medienbereich gesammelt und bin vor sieben Jahren in den E-Commerce gewechselt. Seit 2021 bin ich selbstständig und helfe kleinen und mittelständischen Unternehmen, ihren Weg in den E-Commerce zu finden.

 

Gerade erleben wir turbulente Zeiten – woran scheitern die meisten der Projekte in deinem Bereich?

Die meisten Projekte scheitern an der Erwartungshaltung: Dass man sich im Kopf etwas vorgestellt hat, das man aber so nicht geäußert hat. Dann stimmt das Ergebnis nicht mit der ursprünglichen Erwartungshaltung überein. Darüber hinaus haben wir aktuell natürlich auch relativ viele Budget-Cuts.

 

Wo geht denn die Reise im E-Commerce aus deiner Sicht aktuell hin?

Corona hat den E-Commerce befeuert, gleichzeitig ist diese Entwicklung natürlich auch eine Herausforderung. Meiner Meinung nach ist es wichtig, erst einmal eine relativ flexible und offene Software-Landschaft zu schaffen, um die einzelnen Systeme miteinander verweben zu können. Das nächste große Themen ist die Datenkompetenz: Dass man überhaupt weiß, wie man mit den Daten umzugehen hat und die richtigen Schlüsse aus ihnen ziehen kann. Und das dritte Thema sind vor allem B2B-Marktplätze.

 

Privat bist du leidenschaftliche Bikepackerin – was müssen wir uns darunter vorstellen?

Bikepacking ist zunächst einmal Radreisen mit leichtem Gepäck. Ich bin in dieser Welt aber auch bei einigen Rennen am Start – da geht es darum, eine gewisse Strecke in einer möglichst kurzen Zeit zurückzulegen.

 

Wie bist du zum Bikepacking gekommen?

Ich habe mir beim Skitouren den Knöchel gebrochen und durfte ihn danach ein halbes Jahr lang nicht belasten. Radfahren war der einzige Sport, der mir noch möglich war – also habe ich begonnen zu trainieren. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich mich auf die 4.500 Kilometer lange Great-Divine-Mountainbike-Route vorbereitet – da kam uns leider Corona dazwischen. Statt durch die USA sind wir dann im Lockdown einmal quer durch Deutschland gefahren. Das war ein kleiner Vorgeschmack auf mein bisher größtes Abenteuer: ein Rennen, das „Nordkap 4.000“ heißt und durch elf Länder vom Gardasee bis zum Nordkap führt. Dort habe ich den zweiten Platz gemacht.

 

Wenn du bei Regen, Gegenwind und minus fünf Grad alleine unterwegs bist – wie motivierst du dich da?

Ich halte es für sehr wichtig, sein eigenes Why im Vorfeld zu definieren: Warum mache ich das eigentlich? Meine Antwort ist auch das Leitmotto meines Blogs: Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer! Mir ist es wichtig, anderen Frauen Mut zu machen, sich auf den Weg zu machen – auch wenn das Ende eines Projektes nicht ganz sicher oder planbar ist.

 

Welche Lehren hast du aus dem Bikepacking gezogen und was kannst du uns mitgeben?

Ich habe gelernt, dass in einem selber immer viel mehr steckt, als man sich zutraut. Vor fünf Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, als einzige Frau beim „Race across France“ ins Ziel zu kommen. Außerdem habe ich gelernt, dass ein gewisses Training sich durchaus auszahlt: Ich habe mir die ganze Radlerei in den letzten fünf Jahren angeeignet – es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen. Und das Dritte ist, dass es wirklich immer gut ausgeht. Ich habe auf meinem Weg so viele coole Leute kennengelernt, die mich motiviert haben – im Team ist man immer stark, sogar wenn man im Wettkampf miteinander steht.

 

Was kannst du Unternehmern aus diesen ganzen Erfahrungen mitgeben, wo sind die Gleichnisse?

Beim Radrennen spielt es eine sehr große Rolle, mit seinen Ängsten umgehen zu lernen – das ist ein Punkt, der in der Wirtschaft nie diskutiert wird. Es ist wichtig, sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen, um zu verhindern, dass das Befürchtete eintritt, und zu überlegen, wie ich im Krisenfall reagiere. Dieses Gedankenspiel lässt sich gerade in unsicheren Zeiten sehr gut auf die Wirtschaft übertragen. Und auch eine Führungsperson kann durchaus mal um Hilfe fragen.

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Bild: Patrick Hendry @unsplash.com

 

 

Insolvenz bedeutet nicht das Ende

 

Dr. Norman Häring ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter – und leidenschaftlicher Taucher. Im Gespräch erläutert er seine Faszination für das Insolvenzrecht, woran eine Krise frühzeitig zu erkennen ist, wie sich dagegen vorgehen lässt und was er aus dem Tauchen für die Sanierung von Unternehmen gelernt hat.

 

Seit wann tauchst du, Norman?

Seit etwa 20 Jahren. Aufgrund meiner Wasseraffinität und meiner Tätigkeit als DLRG-Rettungsschwimmer habe ich mich früher vor allem über Wasser aufgehalten und wollte dann irgendwann auch einmal das Unterwasser erleben. Also habe ich eine Tauchausbildung bei der DLRG gemacht. Heute ist das Tauchen neben der Insolvenzverwaltung eine meiner großen Leidenschaften.

 

Du bist Experte für Insolvenzrecht, Restrukturierung und Sanierung. Wie bist du dazu gekommen und was ist das Spannende daran?

Ich bin nach dem ersten Examen ohne jegliche Erfahrung in eine Großkanzlei eingestiegen und habe das Insolvenzrecht dort im täglichen Tun schätzen gelernt. Man hat viel mit Menschen zu tun und muss jeden Tag auf unvorhergesehene Sachen reagieren.

 

Du bist seit 2020 bei Tiefenbacher. Wer ist Tiefenbacher und was machen die eigentlich?

Tiefenbacher ist eine klassische Rechtsanwaltskanzlei für den Mittelstand mit den Schwerpunkten Insolvenzverwaltung, Restrukturierung, Sanierung und Gesellschaftsrecht. Was uns abhebt von anderen sind unsere großen internationalen Abteilungen: Wir sind in einem internationalen Netzwerk tätig und haben da immer entsprechende Spezialisten.

 

Momentan reden alle von Rezession – das heißt auch, dass du momentan viel zu tun hast, oder?

Momentan bildet sich die schlechte Stimmung noch nicht in den Insolvenzzahlen ab. Die sind weiterhin historisch niedrig – gleichwohl zeigt sich diese Grundanspannung und dass da etwas kommen wird. Und das ist ja das Interessante in der Restrukturierung: Man muss so früh wie möglich dran sein, um präventiv vorzugehen.

 

Wann ist aus deiner Sicht frühzeitig?

Frühzeitig ist so früh wie möglich. Das Problem ist, dass eine Krise sich in verschiedenen Stadien entwickelt – und die sind immer gleich: Es beginnt mit einer Stakeholder-Krise, die sich noch nicht in den Zahlen zeigt. Dann kommt die Strategiekrise: Erfolgspotenziale eines Unternehmens sind ernsthaft gefährdet, die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist nicht mehr am Markt orientiert. Gleichwohl erzielt das Unternehmen in dieser Phase noch Gewinne. Dann geht es direkt über in die Absatzkrise, der die Ergebniskrise folgt. In dieser Phase fehlen meist schon die Mittel für eine nachhaltige Sanierung durch einen Restrukturierungsexperten. Also geht die Ergebniskrise über in die Liquiditätskrise: Die konkrete Zahlungsunfähigkeit droht. Das ist der letzte Zeitpunkt, um das Ruder noch mithilfe eines Restrukturierungsexperten rumzureißen.

 

Gibt es eine Kennziffer, die man aus deiner Sicht immer im Auge behalten sollte, um diesen schleichenden Prozess frühzeitig zu erkennen?

Kennziffern als solche spiegeln das nicht ganz wider, aber es gibt so zwei, drei Faktoren, die man im Blick behalten sollte: die Gesamtkapitalrentabilität, die Eigenkapitalquote oder die Zinsdeckungsquote. Wenn man die wechselseitig ins Verhältnis setzt, kann man absehen, in welche Richtung das Ganze geht.

 

Wenn es dann zur Insolvenz kommt: Was ist dann zu tun? Welche Sauerstoffflasche sollte – um in der Taucherwelt zu bleiben – eingesetzt werden?

Das ist ein interessanter Vergleich zur Pressluftflasche im Tauchen, die ja da unten tatsächlich das Einzige ist, was dich rettet. Neben der Sache, dass man früh genug dran sein muss, sollte man sich auch mit der Insolvenz beschäftigen und diese als Chance sehen. Anders als beim Tauchen haben wir Insolvenzrechtsexperten einen sehr großen Koffer mit verschiedenen Tools, um auch in der Insolvenz noch eine Sanierung herbeizuführen. Insolvenz bedeutet nicht das Ende. Das deutsche Insolvenzrecht bietet zahlreiche Instrumente, um eine konkrete Unternehmenskrise passgenau zu bearbeiten. Man muss sich dafür nur einen entsprechenden Fachmann dazuholen. Der Unternehmer hat ein Unternehmen zu führen und kann nicht nebenbei noch Insolvenzrecht machen. Trotzdem muss man sich als Unternehmer der Situation stellen: Einfach abtauchen zu wollen ist eine menschliche Reaktion, bei der Sanierung eines Unternehmens aber keine dauerhafte Lösung. Anders als beim Tauchen sollte man als Unternehmer in einer Krisensituation ganz schnell wieder auftauchen.

 

Welche Lehren hast du aus dem Tauchen gezogen und was kannst du uns für den Krisenfall mitgeben?

Panik ist die größte Gefahr: Als Unternehmer gilt es, die Ruhe zu bewahren, sich seiner Stärken bewusst zu sein und sich professionelle Hilfe zu holen.

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Bild: Etienne Girardet @unsplash.com

 

Personalkosten zu reduzieren ist keine Strategie

Lothar Hoss wurde schon als Dreijähriger von seinem Vater zu ausgewählten Kunden mitgenommen und hat als Neunjähriger seinen ersten Gehaltsscheck bekommen. Heute ist er selber Unternehmen und berät Unternehmen in komplexen Personalumbausituationen. Im Gespräch erläutert er, wie Unternehmen mit dem richtigen Personal ihre Zukunftsfähigkeit sichern und wie sie dieses Personal finden und binden.

 

Wie es das, wenn man mit 28 Jahren Personalchef eines Unternehmens mit 1.500 Mitarbeitern wird?

Es war auch für mich überraschend, dass man einem Grünschnabel wie mir diese Verantwortung anvertraut hat. Als der Headhunter mich damals ansprach, wollte ich die zehn Mark für die Bewerbungsunterlagen erst gar nicht investieren, weil ich meine Chancen bei nahezu Null sah – glücklicherweise habe ich es dann doch getan und bin auf eine spannende Herausforderung in einem wertegetriebenen Traditionsunternehmen gestoßen. Viele der wichtigen und wesentlichen Aufgaben im Personalwesen habe ich dort zum ersten Mal bewältigt.

 

Was war von Ihnen persönlich erforderlich, um das Ganze zu stemmen?

Der wesentliche Punkt ist, dass man ganz viel Lust auf Herausforderung hat – und die Bereitschaft, sich einzubringen. Ein weiterer wesentlicher Faktor sind kommunikative Fähigkeiten, um auf allen Ebenen erfolgreich kommunizieren zu können. Ich habe mich – auch als Prokurist – immer als Mitarbeiter verstanden, der an der Erreichung der Unternehmensziele mitwirkt wie alle anderen auch.

 

2005 haben Sie sich dann mit „Hoss + Kollegen“ selbstständig gemacht. Was ist Ihr Geschäftsmodell?

Wir haben uns auf komplexe Personalumbausituationen spezialisiert – beispielsweise im Zuge strategischer Neusaurichtungen, Restrukturierungen oder Transformationen jeglicher Art. Viele denken jetzt sofort an Personalabbau – im Wesentlichen geht es aber um Personalumbau, zum Beispiel beim Aufbau neuer Standorte. Neben diesen kurzfristigen Projekten begleiten wir Unternehmen, die an ihrer Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit arbeiten wollen und ihr Personal im Zuge der Unternehmensstrategie weiterentwickeln wollen. Hier geht es um den Aufbau von für die Zukunft des Unternehmens wichtigen Kompetenzen. Und als qualifizierter und lizenzierter Coach begleite ich zudem Führungskräfte durch Veränderungsprozesse.

 

Ein großes Thema bei Ihnen ist die Zukunftsfähigkeit. Was genau verstehen Sie darunter?

Der Engpass der Zukunft ist die Verfügbarkeit von leistungsbereitem und leistungsfähigem Personal. Mein Interesse ist es, Unternehmen so aufzustellen, dass sie über ausreichend Personal verfügen, dieses Personal hinsichtlich der zukünftigen Herausforderungen über die richtigen Kompetenzen verfügt und bereit ist, diese mit Leidenschaft im Sinne der Unternehmensziele einzusetzen. Damit lassen sich deutliche Vorteile verschaffen – nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch auf den Absatzmärkten.

 

Nicht jede Person passt auf jedes Stellenprofil. Wie finde ich den richtigen Mitarbeiter?

Finden beinhaltet in diesem Fall zwei Aspekte: „Wie suche ich?“ und „Wie wähle ich aus?“ Damit ich die richtigen Personen auswähle, übersetze ich zunächst die Unternehmensstrategie in für das Unternehmen und die jeweilige Tätigkeit relevante Kompetenzen. Über den Abgleich des Soll-Profils mit den jeweiligen Kandidaten kann ich dann konkret entscheiden und den Onboarding-Prozess auf die jeweilige Person zuschneiden.

 

Sie legen Wert darauf, dass Personalabbau nicht immer das Mittel der Wahl ist. Welche Alternativen sehen Sie?

Mit jedem Mitarbeiter, den ich abgebe, verliere ich als Unternehmen Know-how und Netzwerk. Personalkosten zu reduzieren ist keine Strategie. Es geht vielmehr darum, dass ich mich langfristig erfolgreich aufstelle – die Frage ist dann: Was erwarten die Märkte und was die Kunden? Produktbereiche, in denen ich keine marktrelevante Größe habe oder aufbauen kann, könnte ich beispielsweise abstoßen – zugunsten eines Unternehmensbereiches, in dem ich in jeder Hinsicht spitze bin und eine Marktrelevanz habe. Dabei geht es nicht um den reinen Personalabbau, sondern darum, das Personal optimal einzusetzen und mittelfristig optimal auf diesen Einsatz vorzubereiten. Viele Unternehmen haben beispielsweise ihre Mitarbeiter nicht optimal darauf vorbereitet, was Digitalisierung für ihr Unternehmen bedeuten kann.

 

Was benötigen Unternehmen, die ihr Personal halten wollen?

Ohne Vertrauen gibt es keine erfolgreiche Zusammenarbeit. Wenn Kommunikation, Informationsfluss und Fehlerkultur in einem Unternehmen stimmen, dann ist ein Grundvertrauen da, das Energie und Motivation gibt.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

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Bild: Joao Viegas @unsplash.com

 

Sinnvolle Ideen in Handlung umsetzen – Vom einem NGO zu den Kaffemachern

Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH in Basel, die eine Kaffeefarm, eine Rösterei, zwei Gastronomien und eine Akademie betreibt. Im Gespräch erläutert er, wie er vom angehenden Juristen zum Sozialunternehmer wurde und wie wir alle unseren Kaffee-Konsum klimafreundlicher gestalten können.

 

Ursprünglich wolltest du Jurist werden. Wie bist du zum Kaffeemacher geworden, Benjamin?

Fast niemand hat Kaffee studiert, oft führen verschlungene Wege dorthin. So war es auch bei mir. Ich habe meinen Zivildienst in einem Kinderheim in Bolivien gemacht – und mich schon da gefragt, wie wir eigentlich das regeln, was zwischen Menschen stattfindet. Also habe ich mich entschieden, Rechtwissenschaften in Mainz zu studieren – das aber schnell wieder aufgegeben, um Freunde bei der Gründung einer NGO zu unterstützen. Ich wollte Verantwortung übernehmen und bin da direkt mit in die Geschäftsführung gegangen.

 

Was hat dich daran gereizt?

Natürlich hat mich der Sinn der NGO fasziniert – gleichzeitig habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, eine sinnvolle Idee auch in Handlung umzusetzen. Deshalb war ich viel mit Fundraising beschäftigt – wobei mein als Jurist erworbenes sprachliches Handwerkszeug sehr hilfreich war. Sinnvolle Tätigkeit möglich zu machen, war mir sowohl in Bolivien als auch in der NGO ein wichtiger Antrieb.

 

Welche Impulse für dein heutiges Unternehmertum hast du aus Bolivien mitgebracht?

Das erste, was ich gelernt habe, ist: Wenn man etwas nur ein bisschen kann, ist das schon etwas, was man weitergeben kann. Dann wächst es nicht nur bei den anderen, sondern auch bei einem selbst. Außerdem habe ich gelernt, mir und meinen Fähigkeiten zu vertrauen. Und ich habe mitgenommen, dass wir mit unserem Berufsweg, unseren Möglichkeiten Verantwortung haben – für Transformation, für aktuelle Herausforderungen. Heute sehe ich unternehmerisches Tun als Angehen von Herausforderungen, die sich in unserer Zeit stellen.

 

Und wie ist es dann von der NGO zur Gründung der Kaffeemacher:innen gekommen?

Das Thema Sozialunternehmertum hat mich sehr beschäftigt ­– und als der Gründer und Geschäftsführer des größten Schweizer Kaffeehauses gefragt hat, ob ich da mit einsteigen will, war ich sofort dabei. Denn dieses Kaffeehaus versteht sich als Social Business, als Sozialunternehmen. Ich habe das als eine Chance gesehen zu lernen, wie man aus sich heraus eine sinnvolle Tätigkeit finanziert. Aus diesem Unternehmen heraus sind das als Projekt die Kaffeemacher entstanden.

 

Was ist da jetzt euer Credo?

Kaffee vom Anbau bis in die Tasse – und zwar nicht nur verstehen, sondern das alles auch selber machen. Wir haben eine Kaffeefarm in Nicaragua und eine Rösterei, betreiben zwei Gastronomien und eine Kaffeeschule.

 

Kaffee braucht sehr viel Wasser – in Zeiten des Klimawandels ein ernstes Thema. Wo setzt ihr mit den Kaffeemachern in Sachen Klima an?

Mindestens so wichtig wie der Wasserverbrauch ist der CO2-Fußabdruck. Der konventionelle Kaffee-Anbau hat da ein Riesenproblem. Wir müssen mehr und mehr zu einem biologischen Anbau kommen – und natürlich das gebrauchte Wasser filtern, um es wieder und wieder zu nutzen. Außerdem sind CO2-Zertifikate ein interessanter Weg, um den Kaffee-Anbau klimaneutral oder sogar klimapositiv zu gestalten.

 

Was kann ich als leidenschaftlicher Espresso-Trinker selber tun?

Der größte Teil des Kaffees wird kleinbäuerlich und in struktureller Armut produziert – deshalb ist die Frage: Wie kommt am meisten Geld bei den Produzierenden an? Es gibt keine absolute Sicherheit, aber ein Fair-Trade-Siegel auf dem Kaffee ist ein guter Indikator. Außerdem würde ich immer darauf achten, ob der Kaffee rückverfolgbar ist – einige Röstereien geben sehr genau an, wo ihr Kaffee herkommt. Außerdem gibt es die Website transparency.coffee: Das ist ein Verzeichnis von Röstereien weltweit, sich verpflichtet haben, transparent zu arbeiten.

Hier gehts zum Podcast bei spotify.

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