„Es gibt zwei Arten von Unternehmern: schlechte und gute.“

Ulvi I. Aydin ist seit 18 Jahren als Interim Manager tätig – vor allem in den Bereichen Vakanzüberbrückung, Going-to-market-Strategien und Restrukturierung. Auch als Beirat bringt er seine Expertise in Unternehmen verschiedenster Branchen ein. Im Gespräch erläutert er die drei Phasen im Unternehmen, was guten von schlechten Unternehmern unterscheidet und was bei der Installation eines Beirats beachtet werden sollte.

 

Wenn du auf deine 18 Jahre Erfahrung zurückschaust und nur die Unternehmen betrachtest: Wie haben die sich verändert?

Eines der dramatischen Probleme in vielen Unternehmen ist, dass sich keine Zeit mehr für die Menschen genommen wird. Es herrscht der Glaube, Wertschätzung drücke sich in einem jährlichen Feedback-Gespräch aus. Wahre Wertschätzung ist aber, wenn man das achtmal im Jahr macht. Wenn ein Chef sich keine Zeit für seine Mitarbeiter nimmt, agiert er wie ein Vater, der seinen Kindern sagt „Dafür habe ich jetzt keine Zeit, geh Fahrradfahren.“ Das eine ist ein schlechter Vater, das andere ist eine schlechte Führungskraft. Und die wirkt sich nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Produktivität des Unternehmens aus: Wer sich wertgeschätzt fühlt, ist in der Regel produktiver.

 

Du postulierst immer wieder: Es gibt nur drei Phasen im Unternehmen. Welche sind das?

Die drei Phasen sind Restrukturierung, Konsolidierung und Wachstum. In der Restrukturierung brauchst du andere Maßnahmen, andere Kommunikation, andere Techniken – und teilweise auch andere Manager. Die müssen Restrukturierung wollen und können. Wenn deine Toilette verstopft ist und die Kloschüssel kurz vorm Überlaufen ist, kannst du lange überlegen, im Internet nach einer Lösung recherchieren, in der Warteschleife des Klempners hängen – oder du krempelst die Ärmel hoch greifst mitten rein. Andernfalls ist dein ganzes Badezimmer, deine ganze Wohnung im Eimer. Das ist Restrukturierung!

Wenn du das geschafft hast, kommst du in die Konsolidierungsphase – da geht es dir schon besser, aber immer noch nicht gut. Du wechselst also von der Intensivstation in die Reha; und danach kommt die Wachstumssituation. Im Wachstum brauchst du wieder andere Dinge: mehr Freiheit, eine andere Budgetverwendung – und andere Charaktere. Wichtig ist, immer zu wissen, in welcher Phase du gerade bist, und dich auf die nächste Phase vorzubereiten. Wenn du in der Wachstumsphase bist, musst du die Restrukturierung schon wieder als Plan in der Schublade haben.

 

Was würdest du Unternehmern heute mit Blick auf 2030 mitgeben?

Zunächst einmal möchte ich sagen: Keep cool. Die Welt ist nicht schlimmer geworden, nur die Herausforderungen sind halt anders. Es gab den Ersten Weltkrieg, die große Inflation, den Zweiten Weltkrieg, den Wiederaufbau, den Korea- und Vietnamkrieg, die Ölkrise in den Siebzigern, RAF-Terror in Deutschland und so weiter. Jede Generation hatte ihr schlimmes Erlebnis – das wird häufig vergessen. Die Frage ist also: Wie nehmen wir eine Krise wahr und wie gehen wir damit um?

Es gibt zwei Arten von Unternehmern: schlechte und gute. Schlechte Unternehmer geraten in Panik, gute Unternehmer bleiben ruhig und handeln überlegt. Einen Plan zu haben, ist die allerwichtigste Aufgabe eines Unternehmers. Und die schlimmsten Krisen spielen sich ohnehin innerhalb von Unternehmen ab und nicht außerhalb. Wenn zum Beispiel Mitarbeiter oder Kunden gehen, dann hat das ja einen Grund.

 

Ein Weg, erfolgreich in 2030 anzukommen, ist mitunter die Einrichtung eines Beirats. Was braucht es, um einen vernünftigen Beirat zu installieren?

Ein guter Beirat ist immer ein unbequemer Beirat. Deshalb sollte er sich nicht aus Studienfreunden, Familienmitgliedern oder Menschen mit Eigeninteressen – wie dem eigenen Rechtsanwalt oder Steuerberater – zusammensetzen. Idealerweise kennen die Beteiligten sich vorher nicht und kommen aus den verschiedensten Professionen.

Wichtig ist es auch, vorher festzulegen, wohin die Reise gehen soll: Wollen wir mit einem freien Beirat im unverbindlichen Austausch bleiben oder wollen wir einen satzungsgemäßen Beirat oder sogar einen Aufsichtsrat installieren? Bei den letzten beiden Formen kommen Haftungsfragen ins Spiel.

 

Wie hast du dich in Sachen Haftung fit für deine Beiratsaufgaben gemacht?

Ich habe eine entsprechende Versicherung abgeschlossen und eine Prüfung zum von der Deutschen Börse zertifizierten Beirat abgelegt. Für Rückfragen habe ich einen Anwalt an meiner Seite ­– und in den Beiratsmandaten betone ich immer, dass ich nur berate, die Entscheidungen jedoch von der Geschäftsführung getroffen und verantwortet werden.

 

Mit Blick auf 2030: Wie wird es einerseits für das Interim Management und andererseits für Unternehmen werden?

Ich glaube, die Zukunft ist gut. Die Herausforderungen werden nicht weniger, dementsprechend hoch ist der Unterstützungsbedarf durch Interim Manager und Beiräte. Es wird immer normaler, in bestimmten Phasen mit Managern auf Zeit zusammenzuarbeiten.

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Einfach mal anfangen – Ein Innovator spricht Klartext!

Als Gründer und CEO der Innovationsagentur Future Candy in Hamburg ist Nick Sohnemann Experte im Bereich Trend- und Innovationsforschung. Im Gespräch erläutert er, was eine Innovationsagentur macht, welche Trends uns in den nächsten 15 Jahren beschäftigen werden und woran es in Deutschland in Sachen Innovationskultur mangelt. 

 

Was macht eine Innovationsagentur, Nick?

Wir gucken uns neue Themen und Technologien an, bringen die in die Gegenwart und zeigen Unternehmen, was bereits heute damit geht und was das mit dem Business der Zukunft zu tun hat. Agentur nennen wir uns, weil wir den Menschen die Innovationen nicht nur zeigen, sondern dann auch entsprechende Anwendungen für sie bauen.

 

Was treibt dich dabei an?

Ich glaube, ich habe ein Kindheitstrauma: Meine Eltern haben mir alle diese Technologien – vom C64 über den Atari bis zum Nintendo – vorenthalten. Wahrscheinlich habe ich deshalb jetzt eine Firma, die sich andauern mit den neuesten, coolen Technologien beschäftigt. Außerdem habe ich vielleicht ein bisschen mehr Pioniergeist als andere: Ich war zu meiner Zeit einer der ersten, der seinen Bachelor in England gemacht hat, und in meinem ersten Angestellten-Job habe ich sofort die Hand gehoben, als Leute für neue Sachen wie Facebook, YouTube und Co. gesucht wurden. Ich habe überhaupt keine Berührungsängste: Wenn etwas neu ist, gehe ich da sogar extra hin. Und daraus habe ich letztlich einen Job gemacht.

 

Was fehlt deutschen Unternehmern, um mit der weltweiten Innovation Schritt zu halten?

Ich glaube, das ist eine Gemengelage von Themen. Zuerst einmal sind wir eine schrumpfende Bevölkerung; junge, eher digital orientierte Menschen sind also in der Unterzahl. Außerdem haben wir eine geschichtlich geprägte Angst vor Technologien: Die wurden in Deutschland beispielsweise zum Abhören missbraucht, weshalb der Datenschutz hier sehr großgeschrieben wird. Zudem haben wir einen extrem hohen Wohlstand, weshalb es keinen großen Veränderungsdruck gibt. Und letztlich haben wir uns ein bürokratisches System geschaffen, in dem wir gar nicht so schnell etwas verändern können – obwohl viele Manager das wollen.

 

Viele Unternehmen reagieren mit Personalabbau auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung. Wie könnte man mit einer solchen Situation kreativer und innovativer umgehen?

Ich kann keine Pandemie und keinen Krieg beenden, die Inflation nicht reduzieren. Trotzdem muss ich als Unternehmer weitermachen – und da hilft es oft, die große und von den Medien getriebene volkswirtschaftliche Brille abzusetzen. „Ich kann jetzt nicht in Innovation investieren, ich muss jetzt erstmal meinen Kernbetrieb aufrechterhalten“ führt angesichts des aktuellen Strukturwandels letztlich zum Untergang eines Unternehmens.

 

2030 ist nur noch sieben Jahre hin – welche Trends werden uns aus deiner Sicht in dieser Zeit beschäftigen?

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die beiden Megatrends der nächsten 15 Jahre – das wird niemanden überraschen. Doch was heißt das konkret? In Sachen Nachhaltigkeit werden wir immer mehr in Richtung Kreislaufwirtschaft gehen. Der Vorteil daran: Ich muss die Rohstoffe nur einmal einkaufen, mache ein Produkt daraus, schicke es zu meinen Kunden, nehme es später wieder zurück und mache ein neues Produkt daraus. Im Bereich der Digitalisierung wird beispielsweise Metaverse eine vollkommen neue Meeting-Kultur befeuern, Weiterbildungen werden ortsunabhängig und dreidimensional in einer Virtual Reality stattfinden. Und wie kann es sein, dass wir im Gesundheitsbereich noch mit Papierrezepten und Arztbriefen per Fax arbeiten und beim Zoll 16-seitige Dokumente per Hand ausfüllen müssen?

 

Du guckst immer gerne auf den chinesischen Markt. Was machen die Chinesen anders als wir?

Die chinesische Wirtschaft ist erst in den 80er-Jahren richtig angelaufen, da ist die Digitalisierung von Anfang an dabei gewesen. Und weil alles umarmt wurde, was den Wohlstand verbessert hat, wurde natürlich auch die Digitalisierung begrüßt. Außerdem haben die Chinesen eine sehr gute Wirtschaftspolitik – eine Art Planwirtschaft, gepaart mit smartem Kapitalismus. In Deutschland wird vieles dem Markt überlassen, der aber durch Bürokratie und Verwaltung ausgebremst wird.

 

Zum Abschluss: Was braucht es also, damit wir gut in 2030 ankommen?

Wir dürfen uns nicht von der reißerischen Berichterstattung der Medien prägen lassen und sollten unsere mentale Gesundheit erhalten. Und ganz praktisch geht es um das Tun: Warum lassen Manager sich die Digitalisierung von ihren Kindern erklären, statt sich selber mal eine VR-Brille zu kaufen oder ein Gesundheitssystem in der Firma einzuführen? Einfach mal niederschwellig anfangen!

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Die Finanzierung der Zukunft

Stefan Brunnhuber ist Psychiater, Ökonom, Mitglied des Club of Rome und Senator der Europäischen Akademie der Wissenschaften. Er hat ein Konzept für eine digitale Parallelwährung entwickelt, die gezielt die Nachhaltigkeitsziele der United Nations finanzieren soll. Ich habe mich mit ihm über eine Welt im Wandel und die Finanzierung des aktuellen Transformationsprozesses unterhalten.

 

Sie sind ärztlicher Direktor einer Klinik für Integrative Psychiatrie, gleichzeitig stecken Sie tief in der Finanzwelt. Wie schlagen Sie die Brücke zwischen Medizin und Wirtschaftswissenschaft?

Wenn Sie Medizin studieren, bekommen Sie Einblick in das, was krank ist, und das, was gesund ist. Sie bekommen ein Verständnis für das Physiologische und das Pathologische. Während meiner Gastprofessuren im Ausland habe ich mich schwerpunktmäßig mit den Themen Nachhaltigkeit und Finanzen beschäftigt. Und heute bin ich der Überzeugung, dass im Gesundheits- und Finanzsektor die beiden größten Hebel für das liegen, was man heute die große Transformation nennt – weil beides jeden einzelnen von uns tagtäglich emotional betrifft.

 

Warum halten wir oftmals so lange an der alten Welt fest und wagen nicht den Sprung in die neue Welt?

Transformation ist für mich ein Handwerkszeug, das uns eine andere soziale Praxis verspricht. Es geht nicht nur darum, die Dinge anders zu sehen, sondern auch darum, sie anders zu machen. Dass uns diese Transformation nicht gelingt, hat meines Erachtens mit der Art und Weise zu tun, wie unsere Finanzmärkte aufgebaut sind, und damit, welche Geschichten wir uns über uns und die Welt erzählen. Eine der größten Erzählungen, an die wir glauben, ist die von Geld und Finanzen. Die hat uns dahin geführt, wo wir jetzt stehen, und ist möglicherweise das größte Tabu-Thema im aktuellen Transformationsprozess.

 

Wie sehen Sie denn die Finanzierungsformen in Bezug auf Klimawandel, Welternährung und alles andere, was gerade vor uns steht?

Bisher haben wir eine Wertschöpfungskette, die wir besteuern. Am Ende dieser Wertschöpfungskette werden Güter und Dienstleistungen dann übersteuert und über Abgaben Nachhaltigkeitsziele finanziert. Und diejenigen, die noch Geld übrig haben, spenden. Diese Größenordnung der Umverteilung ist viel zu gering und viel zu langsam. Es wären global vier bis fünf Billionen an zusätzlicher Liquidität nötig, um die UN-Nachhaltigkeitsziele faktisch umzusetzen. Deshalb brauchen wir andere, zusätzliche Instrumente, vor allem geldpolitische Instrumente. Im Umfeld der Pandemie haben wir erstmals gesehen, dass das faktisch auch geht: Die Zentralbanken haben Liquidität zur Verfügung gestellt, um eine akute Krise zu finanzieren. Das ließe sich auch für die Realisierung von Nachhaltigkeitszielen denken. Bei der Schaffung zusätzlicher Liquidität können wir nicht auf die weltweiten Kapitalmärkte zurückgreifen, sondern brauchen öffentliche Institutionen wie Genossenschaftsbanken, öffentliche Entwicklungsbanken, aber auch Zentralbanken.

Ein konkretes Beispiel: Wenn Deutschland einen Windpark aufstellen will, entstehen dabei Kapitalkosten von vielleicht 1,5 bis zwei Prozent. Wenn Sie den gleichen Windpark in Ghana oder Indonesien aufstellen wollen, müssen Sie grob mit Kapitalkosten rechnen, die beim Fünf- bis Siebenfachen liegen. Diese Differenz kann kein Entwicklungsland aus sich heraus stemmen, das kann nur die Weltgemeinschaft schaffen. Und wenn Sie das übertragen auf die Pandemie und die Prävention zukünftiger Krisen wäre es relativ einfach, die Weltbank, den IWF, die afrikanische Entwicklungsbank mit zusätzlicher Liquidität auszustatten, die diese Differenz abpuffert. So könnten Staaten wie Ghana und Indonesien unter gleichen Bedingungen einen Windpark aufstellen wie wir in Deutschland und so eine Transformation in eine nachhaltige Zukunft ermöglichen.

 

Im Vorfeld haben wir über das Buch „Das Ministerium für die Zukunft“ von Kim Stanley Robinson gesprochen. Sie haben dort erstaunliche Parallelen zu Ihrer Arbeit entdeckt.

Meine Frau hat mich darauf hingewiesen, dass in diesem Science-Fiction-Roman genau das beschrieben wird, was ich in meinem Buch „Financing our Future“ wissenschaftlich dargestellt habe. Für mich war das ein einmaliges Erlebnis: Plötzlich konvergieren Science Fiction und scientific evidence.

In Robinsons Buch fordert eine Zentralbankerin aus der Schweiz die Zentralbanken auf der ganzen Welt auf: „Stellt uns konditionierte Liquidität zur Verfügung, damit wir all das – von der Pandemie bis zum Arten- und Klimaschutz – finanzieren können. Wir haben das Wissen, die Technologie und die Menschen, die es machen können, aber uns fehlt die Liquidität.“ Darauf bekommt sie die Antwort: „Wir haben kein Mandat.“ In meinem Buch zeige ich auf, dass es nur zwei oder drei Paragrafen benötigt, die den Spielraum der Zentralbanken so erweitern, dass sie in dieser Notsituation solche Liquiditätsprogramme aufsetzen könnten. Und wenn man die dann intelligent mit Blockchain-Technologie verbindet, entsteht die Finanzierung der Zukunft.

Dies ist ein Auszug aus meinen Podcast mit Stefan Brunnhuber den sie hier in voller Länge hören können.

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Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer

Sara Hallbauer ist freiberufliche Marketing- und E-Commerce-Expertin, in ihrer Freizeit fährt sie Ultra-Radrennen. Im Gespräch erläutert sie, wie sie von der Kettenraucherin zur Ausdauersportlerin wurde, was die großen Themen im E-Commerce sind und welche Parallelen es zwischen Unternehmertum und Bikepacking gibt.

 

Wie genau müssen wir uns deinen Beruf vorstellen, Sara?

Ich habe 20 Jahre Erfahrung im Marketing- und Medienbereich gesammelt und bin vor sieben Jahren in den E-Commerce gewechselt. Seit 2021 bin ich selbstständig und helfe kleinen und mittelständischen Unternehmen, ihren Weg in den E-Commerce zu finden.

 

Gerade erleben wir turbulente Zeiten – woran scheitern die meisten der Projekte in deinem Bereich?

Die meisten Projekte scheitern an der Erwartungshaltung: Dass man sich im Kopf etwas vorgestellt hat, das man aber so nicht geäußert hat. Dann stimmt das Ergebnis nicht mit der ursprünglichen Erwartungshaltung überein. Darüber hinaus haben wir aktuell natürlich auch relativ viele Budget-Cuts.

 

Wo geht denn die Reise im E-Commerce aus deiner Sicht aktuell hin?

Corona hat den E-Commerce befeuert, gleichzeitig ist diese Entwicklung natürlich auch eine Herausforderung. Meiner Meinung nach ist es wichtig, erst einmal eine relativ flexible und offene Software-Landschaft zu schaffen, um die einzelnen Systeme miteinander verweben zu können. Das nächste große Themen ist die Datenkompetenz: Dass man überhaupt weiß, wie man mit den Daten umzugehen hat und die richtigen Schlüsse aus ihnen ziehen kann. Und das dritte Thema sind vor allem B2B-Marktplätze.

 

Privat bist du leidenschaftliche Bikepackerin – was müssen wir uns darunter vorstellen?

Bikepacking ist zunächst einmal Radreisen mit leichtem Gepäck. Ich bin in dieser Welt aber auch bei einigen Rennen am Start – da geht es darum, eine gewisse Strecke in einer möglichst kurzen Zeit zurückzulegen.

 

Wie bist du zum Bikepacking gekommen?

Ich habe mir beim Skitouren den Knöchel gebrochen und durfte ihn danach ein halbes Jahr lang nicht belasten. Radfahren war der einzige Sport, der mir noch möglich war – also habe ich begonnen zu trainieren. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich mich auf die 4.500 Kilometer lange Great-Divine-Mountainbike-Route vorbereitet – da kam uns leider Corona dazwischen. Statt durch die USA sind wir dann im Lockdown einmal quer durch Deutschland gefahren. Das war ein kleiner Vorgeschmack auf mein bisher größtes Abenteuer: ein Rennen, das „Nordkap 4.000“ heißt und durch elf Länder vom Gardasee bis zum Nordkap führt. Dort habe ich den zweiten Platz gemacht.

 

Wenn du bei Regen, Gegenwind und minus fünf Grad alleine unterwegs bist – wie motivierst du dich da?

Ich halte es für sehr wichtig, sein eigenes Why im Vorfeld zu definieren: Warum mache ich das eigentlich? Meine Antwort ist auch das Leitmotto meines Blogs: Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer! Mir ist es wichtig, anderen Frauen Mut zu machen, sich auf den Weg zu machen – auch wenn das Ende eines Projektes nicht ganz sicher oder planbar ist.

 

Welche Lehren hast du aus dem Bikepacking gezogen und was kannst du uns mitgeben?

Ich habe gelernt, dass in einem selber immer viel mehr steckt, als man sich zutraut. Vor fünf Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, als einzige Frau beim „Race across France“ ins Ziel zu kommen. Außerdem habe ich gelernt, dass ein gewisses Training sich durchaus auszahlt: Ich habe mir die ganze Radlerei in den letzten fünf Jahren angeeignet – es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen. Und das Dritte ist, dass es wirklich immer gut ausgeht. Ich habe auf meinem Weg so viele coole Leute kennengelernt, die mich motiviert haben – im Team ist man immer stark, sogar wenn man im Wettkampf miteinander steht.

 

Was kannst du Unternehmern aus diesen ganzen Erfahrungen mitgeben, wo sind die Gleichnisse?

Beim Radrennen spielt es eine sehr große Rolle, mit seinen Ängsten umgehen zu lernen – das ist ein Punkt, der in der Wirtschaft nie diskutiert wird. Es ist wichtig, sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen, um zu verhindern, dass das Befürchtete eintritt, und zu überlegen, wie ich im Krisenfall reagiere. Dieses Gedankenspiel lässt sich gerade in unsicheren Zeiten sehr gut auf die Wirtschaft übertragen. Und auch eine Führungsperson kann durchaus mal um Hilfe fragen.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

 

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Insolvenz bedeutet nicht das Ende

 

Dr. Norman Häring ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter – und leidenschaftlicher Taucher. Im Gespräch erläutert er seine Faszination für das Insolvenzrecht, woran eine Krise frühzeitig zu erkennen ist, wie sich dagegen vorgehen lässt und was er aus dem Tauchen für die Sanierung von Unternehmen gelernt hat.

 

Seit wann tauchst du, Norman?

Seit etwa 20 Jahren. Aufgrund meiner Wasseraffinität und meiner Tätigkeit als DLRG-Rettungsschwimmer habe ich mich früher vor allem über Wasser aufgehalten und wollte dann irgendwann auch einmal das Unterwasser erleben. Also habe ich eine Tauchausbildung bei der DLRG gemacht. Heute ist das Tauchen neben der Insolvenzverwaltung eine meiner großen Leidenschaften.

 

Du bist Experte für Insolvenzrecht, Restrukturierung und Sanierung. Wie bist du dazu gekommen und was ist das Spannende daran?

Ich bin nach dem ersten Examen ohne jegliche Erfahrung in eine Großkanzlei eingestiegen und habe das Insolvenzrecht dort im täglichen Tun schätzen gelernt. Man hat viel mit Menschen zu tun und muss jeden Tag auf unvorhergesehene Sachen reagieren.

 

Du bist seit 2020 bei Tiefenbacher. Wer ist Tiefenbacher und was machen die eigentlich?

Tiefenbacher ist eine klassische Rechtsanwaltskanzlei für den Mittelstand mit den Schwerpunkten Insolvenzverwaltung, Restrukturierung, Sanierung und Gesellschaftsrecht. Was uns abhebt von anderen sind unsere großen internationalen Abteilungen: Wir sind in einem internationalen Netzwerk tätig und haben da immer entsprechende Spezialisten.

 

Momentan reden alle von Rezession – das heißt auch, dass du momentan viel zu tun hast, oder?

Momentan bildet sich die schlechte Stimmung noch nicht in den Insolvenzzahlen ab. Die sind weiterhin historisch niedrig – gleichwohl zeigt sich diese Grundanspannung und dass da etwas kommen wird. Und das ist ja das Interessante in der Restrukturierung: Man muss so früh wie möglich dran sein, um präventiv vorzugehen.

 

Wann ist aus deiner Sicht frühzeitig?

Frühzeitig ist so früh wie möglich. Das Problem ist, dass eine Krise sich in verschiedenen Stadien entwickelt – und die sind immer gleich: Es beginnt mit einer Stakeholder-Krise, die sich noch nicht in den Zahlen zeigt. Dann kommt die Strategiekrise: Erfolgspotenziale eines Unternehmens sind ernsthaft gefährdet, die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist nicht mehr am Markt orientiert. Gleichwohl erzielt das Unternehmen in dieser Phase noch Gewinne. Dann geht es direkt über in die Absatzkrise, der die Ergebniskrise folgt. In dieser Phase fehlen meist schon die Mittel für eine nachhaltige Sanierung durch einen Restrukturierungsexperten. Also geht die Ergebniskrise über in die Liquiditätskrise: Die konkrete Zahlungsunfähigkeit droht. Das ist der letzte Zeitpunkt, um das Ruder noch mithilfe eines Restrukturierungsexperten rumzureißen.

 

Gibt es eine Kennziffer, die man aus deiner Sicht immer im Auge behalten sollte, um diesen schleichenden Prozess frühzeitig zu erkennen?

Kennziffern als solche spiegeln das nicht ganz wider, aber es gibt so zwei, drei Faktoren, die man im Blick behalten sollte: die Gesamtkapitalrentabilität, die Eigenkapitalquote oder die Zinsdeckungsquote. Wenn man die wechselseitig ins Verhältnis setzt, kann man absehen, in welche Richtung das Ganze geht.

 

Wenn es dann zur Insolvenz kommt: Was ist dann zu tun? Welche Sauerstoffflasche sollte – um in der Taucherwelt zu bleiben – eingesetzt werden?

Das ist ein interessanter Vergleich zur Pressluftflasche im Tauchen, die ja da unten tatsächlich das Einzige ist, was dich rettet. Neben der Sache, dass man früh genug dran sein muss, sollte man sich auch mit der Insolvenz beschäftigen und diese als Chance sehen. Anders als beim Tauchen haben wir Insolvenzrechtsexperten einen sehr großen Koffer mit verschiedenen Tools, um auch in der Insolvenz noch eine Sanierung herbeizuführen. Insolvenz bedeutet nicht das Ende. Das deutsche Insolvenzrecht bietet zahlreiche Instrumente, um eine konkrete Unternehmenskrise passgenau zu bearbeiten. Man muss sich dafür nur einen entsprechenden Fachmann dazuholen. Der Unternehmer hat ein Unternehmen zu führen und kann nicht nebenbei noch Insolvenzrecht machen. Trotzdem muss man sich als Unternehmer der Situation stellen: Einfach abtauchen zu wollen ist eine menschliche Reaktion, bei der Sanierung eines Unternehmens aber keine dauerhafte Lösung. Anders als beim Tauchen sollte man als Unternehmer in einer Krisensituation ganz schnell wieder auftauchen.

 

Welche Lehren hast du aus dem Tauchen gezogen und was kannst du uns für den Krisenfall mitgeben?

Panik ist die größte Gefahr: Als Unternehmer gilt es, die Ruhe zu bewahren, sich seiner Stärken bewusst zu sein und sich professionelle Hilfe zu holen.

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Bild: Etienne Girardet @unsplash.com

 

Sinnvolle Ideen in Handlung umsetzen – Vom einem NGO zu den Kaffemachern

Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH in Basel, die eine Kaffeefarm, eine Rösterei, zwei Gastronomien und eine Akademie betreibt. Im Gespräch erläutert er, wie er vom angehenden Juristen zum Sozialunternehmer wurde und wie wir alle unseren Kaffee-Konsum klimafreundlicher gestalten können.

 

Ursprünglich wolltest du Jurist werden. Wie bist du zum Kaffeemacher geworden, Benjamin?

Fast niemand hat Kaffee studiert, oft führen verschlungene Wege dorthin. So war es auch bei mir. Ich habe meinen Zivildienst in einem Kinderheim in Bolivien gemacht – und mich schon da gefragt, wie wir eigentlich das regeln, was zwischen Menschen stattfindet. Also habe ich mich entschieden, Rechtwissenschaften in Mainz zu studieren – das aber schnell wieder aufgegeben, um Freunde bei der Gründung einer NGO zu unterstützen. Ich wollte Verantwortung übernehmen und bin da direkt mit in die Geschäftsführung gegangen.

 

Was hat dich daran gereizt?

Natürlich hat mich der Sinn der NGO fasziniert – gleichzeitig habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, eine sinnvolle Idee auch in Handlung umzusetzen. Deshalb war ich viel mit Fundraising beschäftigt – wobei mein als Jurist erworbenes sprachliches Handwerkszeug sehr hilfreich war. Sinnvolle Tätigkeit möglich zu machen, war mir sowohl in Bolivien als auch in der NGO ein wichtiger Antrieb.

 

Welche Impulse für dein heutiges Unternehmertum hast du aus Bolivien mitgebracht?

Das erste, was ich gelernt habe, ist: Wenn man etwas nur ein bisschen kann, ist das schon etwas, was man weitergeben kann. Dann wächst es nicht nur bei den anderen, sondern auch bei einem selbst. Außerdem habe ich gelernt, mir und meinen Fähigkeiten zu vertrauen. Und ich habe mitgenommen, dass wir mit unserem Berufsweg, unseren Möglichkeiten Verantwortung haben – für Transformation, für aktuelle Herausforderungen. Heute sehe ich unternehmerisches Tun als Angehen von Herausforderungen, die sich in unserer Zeit stellen.

 

Und wie ist es dann von der NGO zur Gründung der Kaffeemacher:innen gekommen?

Das Thema Sozialunternehmertum hat mich sehr beschäftigt ­– und als der Gründer und Geschäftsführer des größten Schweizer Kaffeehauses gefragt hat, ob ich da mit einsteigen will, war ich sofort dabei. Denn dieses Kaffeehaus versteht sich als Social Business, als Sozialunternehmen. Ich habe das als eine Chance gesehen zu lernen, wie man aus sich heraus eine sinnvolle Tätigkeit finanziert. Aus diesem Unternehmen heraus sind das als Projekt die Kaffeemacher entstanden.

 

Was ist da jetzt euer Credo?

Kaffee vom Anbau bis in die Tasse – und zwar nicht nur verstehen, sondern das alles auch selber machen. Wir haben eine Kaffeefarm in Nicaragua und eine Rösterei, betreiben zwei Gastronomien und eine Kaffeeschule.

 

Kaffee braucht sehr viel Wasser – in Zeiten des Klimawandels ein ernstes Thema. Wo setzt ihr mit den Kaffeemachern in Sachen Klima an?

Mindestens so wichtig wie der Wasserverbrauch ist der CO2-Fußabdruck. Der konventionelle Kaffee-Anbau hat da ein Riesenproblem. Wir müssen mehr und mehr zu einem biologischen Anbau kommen – und natürlich das gebrauchte Wasser filtern, um es wieder und wieder zu nutzen. Außerdem sind CO2-Zertifikate ein interessanter Weg, um den Kaffee-Anbau klimaneutral oder sogar klimapositiv zu gestalten.

 

Was kann ich als leidenschaftlicher Espresso-Trinker selber tun?

Der größte Teil des Kaffees wird kleinbäuerlich und in struktureller Armut produziert – deshalb ist die Frage: Wie kommt am meisten Geld bei den Produzierenden an? Es gibt keine absolute Sicherheit, aber ein Fair-Trade-Siegel auf dem Kaffee ist ein guter Indikator. Außerdem würde ich immer darauf achten, ob der Kaffee rückverfolgbar ist – einige Röstereien geben sehr genau an, wo ihr Kaffee herkommt. Außerdem gibt es die Website transparency.coffee: Das ist ein Verzeichnis von Röstereien weltweit, sich verpflichtet haben, transparent zu arbeiten.

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Bild: 1327327 @pixabay.com

 

 

„Ich kann nicht die Probleme der Zukunft mit den Methoden der Vergangenheit lösen.“

Dr. Volkhard Emmrich ist seit 33 Jahren für die Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner tätig, mittlerweile als Managing Partner. Doch trotz aller Kontinuität legt er besonderen Wert auf das Hinterfragen alter Muster und begreift sich als Transformationsexperte – ich habe mich mit ihm über Rekonfiguration, Digitalisierung und die Zukunftsfähigkeit mittelständischer Unternehmen unterhalten.

Unternehmen bewegen sich üblicherweise in verschiedenen Phasen: Gründen, Wachsen, Restrukturieren. Sie bevorzugen jedoch den Begriff „Rekonfiguration“ – warum eigentlich?

Rekonfiguration ist für mich der positivere Ausdruck, bei der Restrukturierung schwingt immer mit „Du hast etwas verkehrt gemacht“. Eigentlich bin ich heute soweit, dass ich die Vorsilbe „Re“ gar nicht mehr so gerne höre, sondern nach Transformationszielen frage: Wie muss ich die Dinge, die im Unternehmen vorliegen, anders konfigurieren, damit ich den Herausforderungen der Zukunft besser gerecht werde?

Sie stehen für Problemlösung, Gestaltung und Transformation – und das eher in einer Lotsenfunktion. Was genau verstehen Sie darunter?

Die Lotsenfunktion ist ein gutes Bild: Als Sparringspartner helfe ich dem Kapitän dabei, eine Krise zu meistern, oder zeige ihm eine Alternative zu dem Weg auf, den er gehen möchte. Ich beanspruche aber nie das Schiff oder die Brücke.

Aus Ihrer Sicht als Unternehmensberater: Wie kann ein Kapitän die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens sichern und welche Gedanken sollte er sich heute machen?

Es ist wichtig, die Dinge, die man gewohnheitsmäßig tut, infrage zu stellen und auch mit Alternativen leben zu können. Man sollte damit aufhören, dass eigene Tun prinzipiell als gut zu bewerten und alle Alternativen für schlecht zu halten. Und man sollte nicht vom Produkt oder der Leistung, sondern vom Kundennutzen her denken. Keiner braucht Entfettungsmittel für Blech – gebraucht werden entfettete Blechoberflächen.

Glauben Sie, dass künstlerische Veranlagungen beim Verlassen alter Muster helfen?

Das kann durchaus sein, wenn das Künstlerische beinhaltet, dass ich anders denken kann und nicht auf das immer gleiche Tun festgelegt bin. Ich kann nicht die Probleme der Zukunft mit den Methoden der Vergangenheit lösen. Es braucht eine Ausgewogenheit zwischen der Pflege des Bestandsgeschäfts und dem Aufbau von neuen Dingen. Und die Kunst ist es, dem Mitarbeiter, der die Cashcow pflegt, genau die gleiche Wertschätzung zu geben wie dem jungen Wilden, der etwas Innovatives entwickelt.

Stichwort Digitalisierung: Wie sieht es bei einem Beratungsunternehmen damit aus – und wie in der mittelständischen Wirtschaft?

Wir kommen aus einer total analogen Welt, in der Berichte auf Papier ausgehändigt wurden. Unternehmensberatungen haben aber als Produkt nur Information und nur Dinge, die sich digital darstellen lassen. Unsere Digitalisierung besteht daher – neben einer komplett kollaborativen Arbeitsweise – darin, die Daten des Kunden zu sammeln, zu analysieren und zu bewerten. Meine Vision ist es, Daten aus den verschiedensten Prozessen zu ziehen und der Geschäftsführung Hypothesen aufzuzeigen, die wir aus den Anomalien in diesen Daten generieren.

Der entscheidende Faktor im Mittelstand ist der Stellenwert, den Daten und Prozesse im Unternehmen haben. Wenn die Prozesse – oder auch ein ERP-System – als lästiges Übel empfunden werden, dann besteht Digitalisierung erst einmal in einer Umstellung des Mindsets hin zu Effizienz und Skalierbarkeit.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in Bezug auf den Generationenübergang, den wir ja gerade vielerorts sehen?

In den letzten Jahren ist an vielen Stellschrauben gedreht worden, aber die Schnittstellen passen oft nicht. Für die junge Generation sehe ich eine große Chance darin, einen End-to-End-Blick entlang der Prozesse zu ermöglichen, über alle Verrechnungspreise hinweg.

Sie sind seit 33 Jahren bei Wieselhuber und mittlerweile 65 Jahre alt. Wie sehen Ihre Führungsprinzipien aus?

Das Wichtigste ist die Integration der Mitarbeiter in eine Lösung – und jedem einen klaren Stellenwert zu geben, unabhängig von Alter oder Erfahrung. Jeder ist eingebunden und weiß immer, worum es geht. Es gibt keine Stille Post.

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(Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“ aus dem Dezember 2021, den Sie hier in voller Länge hören können.)

Bild: Johnson Martin @pixabay.com

 

Turbowandel im Controlling – ein Praktiker erzählt

Michael Braun ist seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Positionen im Controlling unterwegs. Ich habe mich mit ihm über die Entwicklung des Controllings von der Buchhalter-Funktion zum Mitgestalter der digitalen Transformation unterhalten.

 

Wie hat sich das Themenfeld Controlling während Ihrer Laufbahn entwickelt?

Vor zwei Jahrzehnten ging es im Controlling mehr um Kostenrechnung, Planung, Steuerung und Kontrolle, es gab kaum IT-Unterstützung und war viel Arbeit mit Excel. Heute ist Controlling viel diversifizierter, gleichzeitig steigt der Druck von gleich zwei Seiten: Zum einen gibt es eine große Unsicherheit bezüglich der VUKA-Welt, zum anderen besteht ein hoher Druck, mehr als Zahlen, Daten und Fakten zu liefern.

 

In der Corona-Pandemie ist der Begriff des Kostenmanagements allgegenwärtig – welche Aspekte sind hier aus Ihrer Sicht besonders wichtig?

Kostenmanagement ist ein durchgängiger Prozess, der nicht nur in der Krise eine wichtige Rolle spielt. Aktives Kostenmanagement in der Krise schaut auf die Overhead-Kosten, die eine direkte Wirkung auf den Cashout haben – das sind beispielsweise Schulungen, Reisen, Beratungen und Werbekosten. Im zweiten Schritt sollte man natürlich an die Infrastrukturmaßnahmen gehen – da denke ich an Mieten, Festnetztelefonie, Internet und Facility Management. Hier lassen sich die ins Homeoffice getätigten Invests in Kosteneinsparungen ummünzen. Auf der anderen Seite sollte man allerdings auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und beispielsweise irgendwelche Vertriebsaktivitäten strangulieren.

 

Wie kann man in solchen Situationen überhaupt noch eine zuverlässige Planung aufbauen?

Bestimmt Teilplanungen sind weiterhin sehr wichtig – ich denke da zum Beispiel an Liquidität oder die Finanzplanung für eine Fremdfinanzierung. Wenn Dynamik und Komplexität eines Unternehmensumfeldes eher niedrig sind, werden wir noch sehr lange eine traditionelle Planung sehen. Bei einem sehr dynamischen Umfeld und hoher Komplexität sind eher rollierende Forecasts das Mittel der Wahl, vielleicht sogar das Beyond Budgeting – das alles aber unbedingt mit der notwendigen IT-Unterstützung.

 

Welche Chancen sehen wir für das Controlling unter Einbeziehung der Digitalisierung?

Ich sehe eine hohe Notwendigkeit der Automatisierung – gerade bei der Abwicklung von Standardprozessen. In Zukunft wird es aber nicht mehr nur um Effizienzsteigerung gehen, sondern vor allem auch um Effektivität. Wie skaliere ich meine Produkte und Dienstleistungen zum Kunden hin?

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema „Daten“ – Datenqualität, Verfügbarkeit von Daten usw. – hier sind Controller bisher kaum zuhause. In Zukunft sollten wir uns sehr intensiv mit Daten und deren Monetarisierung auseinandersetzen. Auch das Thema „Artificial Intelligence“ – hier besonders das Machine Learning – wird zunehmend wichtig: Hier gibt es beispielsweise sogenannte „Data-Science-Machine-Learning-Plattformen“, mit denen datenaffine Controller arbeiten können.

 

Worin besteht die Herausforderung für das Controlling, wenn das Geschäftsmodell sich durch die Digitalisierung so stark transformiert?

Es geht nicht nur um Daten und Technologie, sondern um Strategie, Prozesse und Personen. Wie Menschen miteinander arbeiten, die Kultur eines Unternehmens ist ein großes Thema. Spätestens jetzt muss der Controller als Berater auf C-Level dazukommen und sich beispielsweise mit Themen wie Zielen und Key Results beschäftigen. Mit unseren Prozessen müssen wir als Controller Transparenz reinbringen und eine Rationalitätssicherung betreiben, was Entscheidungen für interne Kunden angeht. Und natürlich muss Controlling als Teil der digitalen Transformation schauen, dass es selber digitaler wird und sich an die VUKA-Welt anpasst.

 

Welchen abschließenden Impuls möchten Sie Controllern und Unternehmern mit auf den Weg geben?

Wir müssen mehr im Sinne des Kunden denken und handeln. Wir müssen agiles Arbeiten verstehen, mitgestalten und selber leben. Und last but not least: Vereinfacht Dinge oder lasst sie weg, fordert aber auch Zeit und Ressourcen ein, um die digitale Transformation auf die Schiene zu bringen. (Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“ aus dem Februar 2022, den Sie hier in voller Länge hören können.)

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Bild: Geralt @pixabay.com

 

 

„Wir müssen akzeptieren, dass wir auf Veränderung mit Angst reagieren.“

Peter E. Rasenberger ist Experte für die Restrukturierung und Transformation von Unternehmen. Nach zwei Jahren Pandemie habe ich mich mit ihm über den Umgang der Wirtschaft mit disruptiven Veränderungen und die Bedeutung von Leadership für den Wandel unterhalten.

Wir haben herausfordernde Jahre hinter uns – an welchem Punkt befinden wir uns gerade in Gesellschaft und Wirtschaft?

Ich glaube, dass verschiedene Teile der Bevölkerung an unterschiedlichen Stellen stehen. Auf der einen Seite haben wir faktische Veränderungen, weil die Pandemie zu Disruptionen geführt hat. Große Teile davon – beispielsweise der Boom des Internet-Handels – werden bleiben. Auf der anderen Seite ist klar zu erkennen, dass das besondere Wesen dieser Transformation noch nicht von allen erkannt wurde – dass es eben kein „Zurück zum Vorher“ mehr geben wird.

Und an welcher Stelle stehen Unternehmen in diesem Transformationsprozess?

Der Staat hat angesichts der Pandemie deutlich stärker als bisher in die Wirtschaft eingegriffen. Einzelne Unternehmen sind mit dieser finanziellen Unterstützung sehr gut durchgekommen, andere haben gelitten. Generell glaube ich, dass viele Unternehmen nur geringe Fortschritte gemacht haben, mit Disruptionen umzugehen. Dafür sind Technologien, die für die Arbeit im Homeoffice benötigt werden und schon seit den 90er-Jahren existiert haben, jetzt voll eingeführt. Die sich daraus ergebenden neuen Möglichkeiten werden nicht mehr verschwinden. Es ist aber definitiv noch zu früh, um das abschließend zu beurteilen.

Oft ist Angst ein großer Entwicklungsverhinderer. Wie kann man der Angst vor Verantwortungsübernahme begegnen?

Wir müssen immer mit Angst umgehen, weil der Homo Sapiens ein Fluchttier ist. Wir müssen akzeptieren, dass wir auf Veränderung mit Angst reagieren. Und in diesem Zusammenhang wäre es wesentlich und wichtig, wenn Führungskräfte das sagen würden. Angst kann man damit bekämpfen, dass man sie kommuniziert. Eine Führungskraft ist nicht nur eine Rolle, sondern in erster Linie ein Mensch. Wenn dieser Mensch begreift, dass er Teil des Systems ist, das mit Angst umgeht, ist der erste Schritt schon getan. Darauf ist unsere ehemals sehr maskuline Gesellschaft nicht besonders gut vorbereitet: Es gilt immer noch als ein Zeichen von Stärke, keine Angst zu zeigen und auch nicht darüber zu sprechen.

Darüber hinaus haben wir ein Fehlverständnis davon, was in unserer Gesellschaft belohnt und bestraft wird: Nicht-Handeln wird im Normalfall nicht bestraft – führt aber dazu, dass ich irgendwann nicht mehr handeln kann. Führung muss sich mit unangenehmen Themen auseinandersetzen und die Fähigkeit haben, sich auch bei Unsicherheit auf einen Weg festzulegen und den entsprechenden Widerstand auszuhalten. Außerdem muss sie – und erst dann wird es rund – die Fähigkeit haben, sich in der Öffentlichkeit zu irren und sich neu auszurichten. Führung hängt mit Entscheidungen zusammen. Und in einer disruptiven Krise muss immer wieder schnell entschieden werden – zum Teil mit unvollständigen Informationen und unvollständiger Aussprache. Das führt dazu, dass ein erhöhter Teil dieser Entscheidungen falsch ist. Damit muss ich umgehen und das den Mitarbeitern offen kommunizieren. Das ist kein Aktionismus, sondern überlebensnotwendige Führung in einer Zeit des Wandels.

Welchen Wandel gilt es momentan außer der Pandemie noch zu bewältigen?

Ich erinnere mich noch gut an Diskussionen mit Führungskräften aus der Automobilindustrie, die noch vor wenigen Jahren das Treiben von Elon Musk für Unsinn hielten. Mittlerweile will fast jeder deutsche Automobilhersteller mit Elektro-Autos in den Markt gehen und behauptet, dass das schon immer die Strategie war. Der Wandel in der Automobilindustrie ist da. Der Ausstieg aus der Kohleindustrie wurde vorgezogen, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Die Digitalisierung schreitet mit großen Schritten voran.

All diese Veränderungen anzugehen, benötigt viel Mut. Haben wir mutigere Menschen am Start oder setzen wir nach wie vor überwiegend auf Kompetenz?

Nur wenn Mutige ihre Angst überwinden, kann Neues entstehen. Vieles, was uns heute selbstverständlich erscheint, ist in einer Wiederaufbausituation nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Große Teile der deutschen Bevölkerung kannten es bisher nicht, dass sie noch einmal existenziell darüber nachdenken müssen, wie es jetzt weitergeht. Die aktuelle Situation ist ein wichtiges Training, aus dem viele von uns sehr viel stärker wieder herausgehen werden. Das fühlt sich nicht immer gut an, und ohne Mut wird es nicht gehen – aber je häufiger dieser Mut belohnt wird, desto eher fassen wir neuen Mut für weitere Schritte.

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(Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“ aus dem Januar 2022, den Sie hier in voller Länge hören können.)

Bild: Alexas Fotos @pixabay.com

 

Veränderung – Ohne den Faktor Mensch geht nichts

Dr. Roland Käfer kommt aus dem Werkzeugbau und kommuniziert als Interim-Change-Manager mittlerweile auf Vorstandsebene. Im Gespräch verrät er, woran die meisten Change-Prozesse scheitern, wie erfolgreiche Transformation gelingt und  welche Führungspersönlichkeiten es dafür braucht.  Ist Change Management überhaupt noch zeitgemäß, Roland? Meine Antwort ist ein klares Ja. Wir haben eine schwächelnde Weltkonjunktur, der Druck zur strategischen … Weiterlesen