„E-Commerce ist mehr als schöne Bilder in einem Online-Shop.“

 

Dörte Kaschdailis ist seit mehr als 15 Jahren im digitalen Handel tätig. Als Gründerin der Beratungsagentur opexxia gilt ihre Leidenschaft dem operativen Backend, dabei denkt sie immer in Möglichkeiten statt in Hindernissen. Ich habe mich mit ihr über den Digitalisierungsgrad und die Zukunftschancen des deutschen Mittelstandes im E-Commerce unterhalten.

Wo steht der Handel gerade in Sachen E-Commerce, Dörte?

Wenn man sich den Markt im Bereich Fast Moving Consumer Goods ansieht, gibt es in Deutschland gerade zwei Seiten: Einige Unternehmen sind bereits lange dabei und exzellent aufgestellt, und dann gibt es andere Unternehmen, die das Thema in den letzten Jahren verschleppt und mit der Pandemie ein böses Erwachen erlebt haben. Was man über viele Jahre versäumt hat, kann man nicht innerhalb von wenigen Monaten im großen Stil nachholen.

Du hast lange Jahre im OTTO-Konzern gearbeitet, der den Sprung in die digitale Welt geschafft hat. Was kann der Mittelstand davon lernen?

Als ich damals bei OTTO angefangen habe, waren die ganze DNA des Unternehmens und sämtliche Prozesse immer noch kataloggetrieben. Solche gewachsenen und etablierten Systeme ändert man nicht von heute auf morgen, ohne sein Geschäftsmodell zu riskieren. Eine solche Umstellung ist ein Mammutprojekt, und das müssen Mittelständler auch respektieren.

Bei OTTO hat man Unternehmen wie Zalando und Amazon genau beobachtet, relativ schnell erkannt, dass man sich nicht auf seiner etablierten Position ausruhen kann, und Budget in die Hand genommen, um den digitalen Handel mit Tochterunternehmen wie About You auszuprobieren. Auch wenn der Verbraucher das am Anfang vielleicht noch nicht verstanden hat: Man hat den Mut gehabt, das zu tun und sich von seinen alten Strukturen zu lösen. Und diese Überlegungen kann der Mittelstand von OTTO lernen: Ist es sinnvoll, die alten Strukturen mühsam zu transformieren, oder fange ich an anderer Stelle komplett neu an?

Apropos neue Strukturen: Nebenbei bist du Betreuerin einer Fußballmannschaft, der WOPIS – was hat es damit auf sich?

Viele denken „Jetzt mache ich einen Online-Shop, dann habe ich E-Commerce.“ Tatsächlich steckt jedoch deutlich mehr dahinter – und das ist ein Fünfklang, der wie eine Fußballmannschaft spielt. Ich bin überzeugt davon, dass ein Team aus lauter Individualisten nicht erfolgreich sein wird: Es braucht technisch exzellente Spieler an jeder Position und ein gewisses Teamspiel. In meiner Welt macht eben nicht nur das System die Digitalisierung im Handel erfolgreich, es braucht ein optimales Zusammenspiel aus Workflows, Organisation, Prozessen, Interfaces und System. Wenn wir diese fünf Spieler, die WOPIS, gut aufstellen und alle gleichberechtigt behandeln, werden wir auch erfolgreich sein.

Wo wird das Thema Digitalisierung deiner Meinung nach 2030 stehen und was braucht es, damit ich als Unternehmer dann noch dabei bin?

Ich glaube, dass die WOPIS im E-Commerce ein gewisser Hygienefaktor werden, diese fünf Spieler muss man mit einem hohen Automatisierungsgrad im Griff haben. Meiner persönlichen Einschätzung nach wird sich außerdem das Verbraucherverhalten in Richtung Nachhaltigkeit verändern – als Händler muss ich dem Rechnung tragen. Darüber hinaus glaube ich an eine Entwicklung hin zu einer stärkeren Kuratierung, wie wir sie von Amazon kennen, weil der Verbraucher möglichst schnell an Informationen und Waren kommen will. Auch das Thema Community Management wird groß werden: Mein Ziel muss es sein, Zielgruppenbesitzer zu werden – sodass beispielsweise die komplette Radsportcommunity bei mir kauft. Dazu braucht es im Mittelstand den Mut, Dinge auch mal nicht zu besetzen und nicht zu machen.

Sie wollen wissen, ob Sie finanziell gut für den digitalen Wandel aufgestellt sind? Buchen Sie den „Wegweiser Workshop“ oder nehmen mit mir für ein kostenfreies Erst-Gespräch Kontakt unter semir@fersadi.de auf.

(Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“ vom 03. Oktober 2021, den Sie hier in voller Länge hören können.)

Bild: Mohamed Hassan @pixabay.com