„Schätze, was du hast, und gehe schonend damit um.“

Alexandra Gölz ist Jungunternehmerin und hat mit den „Putzhelden“ ein Start-up gegründet, das sich ganz und gar der umweltfreundlichen Haushaltsreinigung verschrieben hat. Im Gespräch erläutert sie, was das mit ihrer Heimat Tadschikistan zu tun hat und welche Tipps sie anderen Gründern mit auf den Weg geben möchte.

 

Du hast im September 2022 das Start-up „Putzhelden“ gegründet. Was unterscheidet deine Putzmittel von anderen?

Die Putzhelden sind aktuell acht Reiniger für den Haushalt. Für jeden Reiniger habe ich einen Avatar und einen Namen entwickelt – von Glossy bis Steel. Das Besondere an den Putzhelden sind die Inhaltsstoffe: Wir verwenden ausschließlich natürliche Inhaltsstoffe, die völlig unbedenklich für Kinder und Haustiere sind. Außerdem kommen die Putzhelden in Glasflaschen – die sind recyclingfähig und verhindern die Bildung vom Xenoöstrogenen, die auf das Hormonsystem des menschlichen Körpers wirken. Und auf Farbstoffe, die nur fancy aussehen, aber nichts zur Reinigung beitragen, verzichten wir auch.

 

Als Lieferantin hast du tiefe Einblicke in das Putzverhalten von Menschen. Gehen Männer das Thema anders an als Frauen?

Unter meiner Kundschaft sind genauso viele Männer wie Frauen. Viele Männer legen sehr viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit und scheinen sehr penibel zu sein, was das Putzen angeht. Ich freue mich über jeden Mann, der das Standard-Rollenverständnis aufhebt und sich dabei auch noch Gedanken um Nachhaltigkeit macht.

 

Welche nächsten Schritte hast du mit deinem Start-up vor?

Aktuell arbeiten wir an einem richtig coolen Online-Shop, der dich Schritt für Schritt zum richtigen Reinigungsmittel führt. Parallel arbeiten wir am Ausbau unserer Kundenbasis – dazu sind wir auf Messen und suchen Kooperationspartner. Mein absoluter Traum ist es, dass denn’s die Putzhelden ins Sortiment aufnimmt.

 

Welche drei Punkte möchtest du künftigen Gründern mitgeben?

Verabschiedet euch von der Idee: „Ich habe ein Produkt und werde über Nacht reich.“ Das funktioniert nicht. Wichtig ist, dass man eine geile Idee hat, die da draußen gebraucht wird. Noch wichtiger ist es, sich Experten an die Seite zu holen und das Ganze mit einem richtig guten Coaching als Basis zu starten. Und das Allerwichtigste ist, stets an sich und die Idee zu glauben und dranzubleiben. Du weißt nie, welcher Kontakt oder welches Telefonat dir die richtige Tür öffnet. Immer wenn bei mir der Zweifel aufkommen, denke ich an Walt Disney: Der wurde über 300-mal abgewiesen und hat trotzdem immer an sich geglaubt.

 

Du bist in Tadschikistan geboren und 1994 mit deiner Familie nach Jever gekommen. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen und wie spiegelt sich das möglicherweise sogar in deinem Start-up wider?

Ich komme aus einem Land, in dem nachhaltiges und ressourcenschonendes Leben überlebensnotwendig ist. Während des Bürgerkrieges gab es selten Strom und nur zu bestimmten Tageszeiten Wasser. Man musste mit dem Vorhandenen haushalten und beispielsweise mit dem Abwasser vom Gemüsewaschen die Blumen gießen oder die Klospülung betätigen. Ich bin mit dem Bewusstsein aufgewachsen: Schätze, was du hast, und gehe schonend damit um. Wenn wir uns anders verhalten hätten, hätten wir in Tadschikistan nicht überleben können.

 

Was sind deine drei wichtigsten Lektionen als Gründerin, die du gerne weitergeben möchtest?

Du brauchst gute Experten an deiner Seite, die Ahnung haben von dem, was sie dir beibringen wollen. Du brauchts sehr viel Selbstfürsorge und damit automatisch auch Selbstliebe. Und du brauchst ein Umfeld, das dich trägt.

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Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

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Bild: Elisa Riva @pixabay.com

 

Einfach mal anfangen – Ein Innovator spricht Klartext!

Als Gründer und CEO der Innovationsagentur Future Candy in Hamburg ist Nick Sohnemann Experte im Bereich Trend- und Innovationsforschung. Im Gespräch erläutert er, was eine Innovationsagentur macht, welche Trends uns in den nächsten 15 Jahren beschäftigen werden und woran es in Deutschland in Sachen Innovationskultur mangelt. 

 

Was macht eine Innovationsagentur, Nick?

Wir gucken uns neue Themen und Technologien an, bringen die in die Gegenwart und zeigen Unternehmen, was bereits heute damit geht und was das mit dem Business der Zukunft zu tun hat. Agentur nennen wir uns, weil wir den Menschen die Innovationen nicht nur zeigen, sondern dann auch entsprechende Anwendungen für sie bauen.

 

Was treibt dich dabei an?

Ich glaube, ich habe ein Kindheitstrauma: Meine Eltern haben mir alle diese Technologien – vom C64 über den Atari bis zum Nintendo – vorenthalten. Wahrscheinlich habe ich deshalb jetzt eine Firma, die sich andauern mit den neuesten, coolen Technologien beschäftigt. Außerdem habe ich vielleicht ein bisschen mehr Pioniergeist als andere: Ich war zu meiner Zeit einer der ersten, der seinen Bachelor in England gemacht hat, und in meinem ersten Angestellten-Job habe ich sofort die Hand gehoben, als Leute für neue Sachen wie Facebook, YouTube und Co. gesucht wurden. Ich habe überhaupt keine Berührungsängste: Wenn etwas neu ist, gehe ich da sogar extra hin. Und daraus habe ich letztlich einen Job gemacht.

 

Was fehlt deutschen Unternehmern, um mit der weltweiten Innovation Schritt zu halten?

Ich glaube, das ist eine Gemengelage von Themen. Zuerst einmal sind wir eine schrumpfende Bevölkerung; junge, eher digital orientierte Menschen sind also in der Unterzahl. Außerdem haben wir eine geschichtlich geprägte Angst vor Technologien: Die wurden in Deutschland beispielsweise zum Abhören missbraucht, weshalb der Datenschutz hier sehr großgeschrieben wird. Zudem haben wir einen extrem hohen Wohlstand, weshalb es keinen großen Veränderungsdruck gibt. Und letztlich haben wir uns ein bürokratisches System geschaffen, in dem wir gar nicht so schnell etwas verändern können – obwohl viele Manager das wollen.

 

Viele Unternehmen reagieren mit Personalabbau auf die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung. Wie könnte man mit einer solchen Situation kreativer und innovativer umgehen?

Ich kann keine Pandemie und keinen Krieg beenden, die Inflation nicht reduzieren. Trotzdem muss ich als Unternehmer weitermachen – und da hilft es oft, die große und von den Medien getriebene volkswirtschaftliche Brille abzusetzen. „Ich kann jetzt nicht in Innovation investieren, ich muss jetzt erstmal meinen Kernbetrieb aufrechterhalten“ führt angesichts des aktuellen Strukturwandels letztlich zum Untergang eines Unternehmens.

 

2030 ist nur noch sieben Jahre hin – welche Trends werden uns aus deiner Sicht in dieser Zeit beschäftigen?

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die beiden Megatrends der nächsten 15 Jahre – das wird niemanden überraschen. Doch was heißt das konkret? In Sachen Nachhaltigkeit werden wir immer mehr in Richtung Kreislaufwirtschaft gehen. Der Vorteil daran: Ich muss die Rohstoffe nur einmal einkaufen, mache ein Produkt daraus, schicke es zu meinen Kunden, nehme es später wieder zurück und mache ein neues Produkt daraus. Im Bereich der Digitalisierung wird beispielsweise Metaverse eine vollkommen neue Meeting-Kultur befeuern, Weiterbildungen werden ortsunabhängig und dreidimensional in einer Virtual Reality stattfinden. Und wie kann es sein, dass wir im Gesundheitsbereich noch mit Papierrezepten und Arztbriefen per Fax arbeiten und beim Zoll 16-seitige Dokumente per Hand ausfüllen müssen?

 

Du guckst immer gerne auf den chinesischen Markt. Was machen die Chinesen anders als wir?

Die chinesische Wirtschaft ist erst in den 80er-Jahren richtig angelaufen, da ist die Digitalisierung von Anfang an dabei gewesen. Und weil alles umarmt wurde, was den Wohlstand verbessert hat, wurde natürlich auch die Digitalisierung begrüßt. Außerdem haben die Chinesen eine sehr gute Wirtschaftspolitik – eine Art Planwirtschaft, gepaart mit smartem Kapitalismus. In Deutschland wird vieles dem Markt überlassen, der aber durch Bürokratie und Verwaltung ausgebremst wird.

 

Zum Abschluss: Was braucht es also, damit wir gut in 2030 ankommen?

Wir dürfen uns nicht von der reißerischen Berichterstattung der Medien prägen lassen und sollten unsere mentale Gesundheit erhalten. Und ganz praktisch geht es um das Tun: Warum lassen Manager sich die Digitalisierung von ihren Kindern erklären, statt sich selber mal eine VR-Brille zu kaufen oder ein Gesundheitssystem in der Firma einzuführen? Einfach mal niederschwellig anfangen!

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Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer

Sara Hallbauer ist freiberufliche Marketing- und E-Commerce-Expertin, in ihrer Freizeit fährt sie Ultra-Radrennen. Im Gespräch erläutert sie, wie sie von der Kettenraucherin zur Ausdauersportlerin wurde, was die großen Themen im E-Commerce sind und welche Parallelen es zwischen Unternehmertum und Bikepacking gibt.

 

Wie genau müssen wir uns deinen Beruf vorstellen, Sara?

Ich habe 20 Jahre Erfahrung im Marketing- und Medienbereich gesammelt und bin vor sieben Jahren in den E-Commerce gewechselt. Seit 2021 bin ich selbstständig und helfe kleinen und mittelständischen Unternehmen, ihren Weg in den E-Commerce zu finden.

 

Gerade erleben wir turbulente Zeiten – woran scheitern die meisten der Projekte in deinem Bereich?

Die meisten Projekte scheitern an der Erwartungshaltung: Dass man sich im Kopf etwas vorgestellt hat, das man aber so nicht geäußert hat. Dann stimmt das Ergebnis nicht mit der ursprünglichen Erwartungshaltung überein. Darüber hinaus haben wir aktuell natürlich auch relativ viele Budget-Cuts.

 

Wo geht denn die Reise im E-Commerce aus deiner Sicht aktuell hin?

Corona hat den E-Commerce befeuert, gleichzeitig ist diese Entwicklung natürlich auch eine Herausforderung. Meiner Meinung nach ist es wichtig, erst einmal eine relativ flexible und offene Software-Landschaft zu schaffen, um die einzelnen Systeme miteinander verweben zu können. Das nächste große Themen ist die Datenkompetenz: Dass man überhaupt weiß, wie man mit den Daten umzugehen hat und die richtigen Schlüsse aus ihnen ziehen kann. Und das dritte Thema sind vor allem B2B-Marktplätze.

 

Privat bist du leidenschaftliche Bikepackerin – was müssen wir uns darunter vorstellen?

Bikepacking ist zunächst einmal Radreisen mit leichtem Gepäck. Ich bin in dieser Welt aber auch bei einigen Rennen am Start – da geht es darum, eine gewisse Strecke in einer möglichst kurzen Zeit zurückzulegen.

 

Wie bist du zum Bikepacking gekommen?

Ich habe mir beim Skitouren den Knöchel gebrochen und durfte ihn danach ein halbes Jahr lang nicht belasten. Radfahren war der einzige Sport, der mir noch möglich war – also habe ich begonnen zu trainieren. Gemeinsam mit meinem Mann habe ich mich auf die 4.500 Kilometer lange Great-Divine-Mountainbike-Route vorbereitet – da kam uns leider Corona dazwischen. Statt durch die USA sind wir dann im Lockdown einmal quer durch Deutschland gefahren. Das war ein kleiner Vorgeschmack auf mein bisher größtes Abenteuer: ein Rennen, das „Nordkap 4.000“ heißt und durch elf Länder vom Gardasee bis zum Nordkap führt. Dort habe ich den zweiten Platz gemacht.

 

Wenn du bei Regen, Gegenwind und minus fünf Grad alleine unterwegs bist – wie motivierst du dich da?

Ich halte es für sehr wichtig, sein eigenes Why im Vorfeld zu definieren: Warum mache ich das eigentlich? Meine Antwort ist auch das Leitmotto meines Blogs: Raus aus dem Windschatten, rein ins Abenteuer! Mir ist es wichtig, anderen Frauen Mut zu machen, sich auf den Weg zu machen – auch wenn das Ende eines Projektes nicht ganz sicher oder planbar ist.

 

Welche Lehren hast du aus dem Bikepacking gezogen und was kannst du uns mitgeben?

Ich habe gelernt, dass in einem selber immer viel mehr steckt, als man sich zutraut. Vor fünf Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, als einzige Frau beim „Race across France“ ins Ziel zu kommen. Außerdem habe ich gelernt, dass ein gewisses Training sich durchaus auszahlt: Ich habe mir die ganze Radlerei in den letzten fünf Jahren angeeignet – es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen. Und das Dritte ist, dass es wirklich immer gut ausgeht. Ich habe auf meinem Weg so viele coole Leute kennengelernt, die mich motiviert haben – im Team ist man immer stark, sogar wenn man im Wettkampf miteinander steht.

 

Was kannst du Unternehmern aus diesen ganzen Erfahrungen mitgeben, wo sind die Gleichnisse?

Beim Radrennen spielt es eine sehr große Rolle, mit seinen Ängsten umgehen zu lernen – das ist ein Punkt, der in der Wirtschaft nie diskutiert wird. Es ist wichtig, sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen, um zu verhindern, dass das Befürchtete eintritt, und zu überlegen, wie ich im Krisenfall reagiere. Dieses Gedankenspiel lässt sich gerade in unsicheren Zeiten sehr gut auf die Wirtschaft übertragen. Und auch eine Führungsperson kann durchaus mal um Hilfe fragen.

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“, den Sie hier in voller Länge hören können.

 

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Bild: Patrick Hendry @unsplash.com

 

 

Insolvenz bedeutet nicht das Ende

 

Dr. Norman Häring ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter – und leidenschaftlicher Taucher. Im Gespräch erläutert er seine Faszination für das Insolvenzrecht, woran eine Krise frühzeitig zu erkennen ist, wie sich dagegen vorgehen lässt und was er aus dem Tauchen für die Sanierung von Unternehmen gelernt hat.

 

Seit wann tauchst du, Norman?

Seit etwa 20 Jahren. Aufgrund meiner Wasseraffinität und meiner Tätigkeit als DLRG-Rettungsschwimmer habe ich mich früher vor allem über Wasser aufgehalten und wollte dann irgendwann auch einmal das Unterwasser erleben. Also habe ich eine Tauchausbildung bei der DLRG gemacht. Heute ist das Tauchen neben der Insolvenzverwaltung eine meiner großen Leidenschaften.

 

Du bist Experte für Insolvenzrecht, Restrukturierung und Sanierung. Wie bist du dazu gekommen und was ist das Spannende daran?

Ich bin nach dem ersten Examen ohne jegliche Erfahrung in eine Großkanzlei eingestiegen und habe das Insolvenzrecht dort im täglichen Tun schätzen gelernt. Man hat viel mit Menschen zu tun und muss jeden Tag auf unvorhergesehene Sachen reagieren.

 

Du bist seit 2020 bei Tiefenbacher. Wer ist Tiefenbacher und was machen die eigentlich?

Tiefenbacher ist eine klassische Rechtsanwaltskanzlei für den Mittelstand mit den Schwerpunkten Insolvenzverwaltung, Restrukturierung, Sanierung und Gesellschaftsrecht. Was uns abhebt von anderen sind unsere großen internationalen Abteilungen: Wir sind in einem internationalen Netzwerk tätig und haben da immer entsprechende Spezialisten.

 

Momentan reden alle von Rezession – das heißt auch, dass du momentan viel zu tun hast, oder?

Momentan bildet sich die schlechte Stimmung noch nicht in den Insolvenzzahlen ab. Die sind weiterhin historisch niedrig – gleichwohl zeigt sich diese Grundanspannung und dass da etwas kommen wird. Und das ist ja das Interessante in der Restrukturierung: Man muss so früh wie möglich dran sein, um präventiv vorzugehen.

 

Wann ist aus deiner Sicht frühzeitig?

Frühzeitig ist so früh wie möglich. Das Problem ist, dass eine Krise sich in verschiedenen Stadien entwickelt – und die sind immer gleich: Es beginnt mit einer Stakeholder-Krise, die sich noch nicht in den Zahlen zeigt. Dann kommt die Strategiekrise: Erfolgspotenziale eines Unternehmens sind ernsthaft gefährdet, die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist nicht mehr am Markt orientiert. Gleichwohl erzielt das Unternehmen in dieser Phase noch Gewinne. Dann geht es direkt über in die Absatzkrise, der die Ergebniskrise folgt. In dieser Phase fehlen meist schon die Mittel für eine nachhaltige Sanierung durch einen Restrukturierungsexperten. Also geht die Ergebniskrise über in die Liquiditätskrise: Die konkrete Zahlungsunfähigkeit droht. Das ist der letzte Zeitpunkt, um das Ruder noch mithilfe eines Restrukturierungsexperten rumzureißen.

 

Gibt es eine Kennziffer, die man aus deiner Sicht immer im Auge behalten sollte, um diesen schleichenden Prozess frühzeitig zu erkennen?

Kennziffern als solche spiegeln das nicht ganz wider, aber es gibt so zwei, drei Faktoren, die man im Blick behalten sollte: die Gesamtkapitalrentabilität, die Eigenkapitalquote oder die Zinsdeckungsquote. Wenn man die wechselseitig ins Verhältnis setzt, kann man absehen, in welche Richtung das Ganze geht.

 

Wenn es dann zur Insolvenz kommt: Was ist dann zu tun? Welche Sauerstoffflasche sollte – um in der Taucherwelt zu bleiben – eingesetzt werden?

Das ist ein interessanter Vergleich zur Pressluftflasche im Tauchen, die ja da unten tatsächlich das Einzige ist, was dich rettet. Neben der Sache, dass man früh genug dran sein muss, sollte man sich auch mit der Insolvenz beschäftigen und diese als Chance sehen. Anders als beim Tauchen haben wir Insolvenzrechtsexperten einen sehr großen Koffer mit verschiedenen Tools, um auch in der Insolvenz noch eine Sanierung herbeizuführen. Insolvenz bedeutet nicht das Ende. Das deutsche Insolvenzrecht bietet zahlreiche Instrumente, um eine konkrete Unternehmenskrise passgenau zu bearbeiten. Man muss sich dafür nur einen entsprechenden Fachmann dazuholen. Der Unternehmer hat ein Unternehmen zu führen und kann nicht nebenbei noch Insolvenzrecht machen. Trotzdem muss man sich als Unternehmer der Situation stellen: Einfach abtauchen zu wollen ist eine menschliche Reaktion, bei der Sanierung eines Unternehmens aber keine dauerhafte Lösung. Anders als beim Tauchen sollte man als Unternehmer in einer Krisensituation ganz schnell wieder auftauchen.

 

Welche Lehren hast du aus dem Tauchen gezogen und was kannst du uns für den Krisenfall mitgeben?

Panik ist die größte Gefahr: Als Unternehmer gilt es, die Ruhe zu bewahren, sich seiner Stärken bewusst zu sein und sich professionelle Hilfe zu holen.

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Bild: Etienne Girardet @unsplash.com

 

Sinnvolle Ideen in Handlung umsetzen – Vom einem NGO zu den Kaffemachern

Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH in Basel, die eine Kaffeefarm, eine Rösterei, zwei Gastronomien und eine Akademie betreibt. Im Gespräch erläutert er, wie er vom angehenden Juristen zum Sozialunternehmer wurde und wie wir alle unseren Kaffee-Konsum klimafreundlicher gestalten können.

 

Ursprünglich wolltest du Jurist werden. Wie bist du zum Kaffeemacher geworden, Benjamin?

Fast niemand hat Kaffee studiert, oft führen verschlungene Wege dorthin. So war es auch bei mir. Ich habe meinen Zivildienst in einem Kinderheim in Bolivien gemacht – und mich schon da gefragt, wie wir eigentlich das regeln, was zwischen Menschen stattfindet. Also habe ich mich entschieden, Rechtwissenschaften in Mainz zu studieren – das aber schnell wieder aufgegeben, um Freunde bei der Gründung einer NGO zu unterstützen. Ich wollte Verantwortung übernehmen und bin da direkt mit in die Geschäftsführung gegangen.

 

Was hat dich daran gereizt?

Natürlich hat mich der Sinn der NGO fasziniert – gleichzeitig habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, eine sinnvolle Idee auch in Handlung umzusetzen. Deshalb war ich viel mit Fundraising beschäftigt – wobei mein als Jurist erworbenes sprachliches Handwerkszeug sehr hilfreich war. Sinnvolle Tätigkeit möglich zu machen, war mir sowohl in Bolivien als auch in der NGO ein wichtiger Antrieb.

 

Welche Impulse für dein heutiges Unternehmertum hast du aus Bolivien mitgebracht?

Das erste, was ich gelernt habe, ist: Wenn man etwas nur ein bisschen kann, ist das schon etwas, was man weitergeben kann. Dann wächst es nicht nur bei den anderen, sondern auch bei einem selbst. Außerdem habe ich gelernt, mir und meinen Fähigkeiten zu vertrauen. Und ich habe mitgenommen, dass wir mit unserem Berufsweg, unseren Möglichkeiten Verantwortung haben – für Transformation, für aktuelle Herausforderungen. Heute sehe ich unternehmerisches Tun als Angehen von Herausforderungen, die sich in unserer Zeit stellen.

 

Und wie ist es dann von der NGO zur Gründung der Kaffeemacher:innen gekommen?

Das Thema Sozialunternehmertum hat mich sehr beschäftigt ­– und als der Gründer und Geschäftsführer des größten Schweizer Kaffeehauses gefragt hat, ob ich da mit einsteigen will, war ich sofort dabei. Denn dieses Kaffeehaus versteht sich als Social Business, als Sozialunternehmen. Ich habe das als eine Chance gesehen zu lernen, wie man aus sich heraus eine sinnvolle Tätigkeit finanziert. Aus diesem Unternehmen heraus sind das als Projekt die Kaffeemacher entstanden.

 

Was ist da jetzt euer Credo?

Kaffee vom Anbau bis in die Tasse – und zwar nicht nur verstehen, sondern das alles auch selber machen. Wir haben eine Kaffeefarm in Nicaragua und eine Rösterei, betreiben zwei Gastronomien und eine Kaffeeschule.

 

Kaffee braucht sehr viel Wasser – in Zeiten des Klimawandels ein ernstes Thema. Wo setzt ihr mit den Kaffeemachern in Sachen Klima an?

Mindestens so wichtig wie der Wasserverbrauch ist der CO2-Fußabdruck. Der konventionelle Kaffee-Anbau hat da ein Riesenproblem. Wir müssen mehr und mehr zu einem biologischen Anbau kommen – und natürlich das gebrauchte Wasser filtern, um es wieder und wieder zu nutzen. Außerdem sind CO2-Zertifikate ein interessanter Weg, um den Kaffee-Anbau klimaneutral oder sogar klimapositiv zu gestalten.

 

Was kann ich als leidenschaftlicher Espresso-Trinker selber tun?

Der größte Teil des Kaffees wird kleinbäuerlich und in struktureller Armut produziert – deshalb ist die Frage: Wie kommt am meisten Geld bei den Produzierenden an? Es gibt keine absolute Sicherheit, aber ein Fair-Trade-Siegel auf dem Kaffee ist ein guter Indikator. Außerdem würde ich immer darauf achten, ob der Kaffee rückverfolgbar ist – einige Röstereien geben sehr genau an, wo ihr Kaffee herkommt. Außerdem gibt es die Website transparency.coffee: Das ist ein Verzeichnis von Röstereien weltweit, sich verpflichtet haben, transparent zu arbeiten.

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Bild: 1327327 @pixabay.com

 

 

Do one thing every day that scares you

Constanze Wolff ist Texterin, PR-Beraterin, Social-Media-Expertin, Buch-Autorin und Trainerin. Im Gespräch erzählt sie, wie Unternehmenskommunikation sich in den letzten Jahren verändert hat, warum KMU sich so schwer mit Social Media tun und wie sie persönlich an den großen Krisen in ihrem Leben gewachsen ist.

 

Was hat sich in den letzten Jahren in unserer Kommunikation, insbesondere in der Unternehmenskommunikation, verändert?

Als ich vor über 20 Jahren angefangen habe, ging es noch viel um Hochglanz-Kommunikation: Man hat viel Geld in teure Imagefilme, Hochglanz-Prospekte, ganzseitige Anzeigen, aufwendige Mailings gesteckt. Social Media hat die Unternehmenskommunikation dann fundamental verändert: Sie ist wesentlich dialogischer und authentischer geworden. Alle können zu Sendenden werden, es wird sehr schnell durchschaubar, wenn lediglich Worthülsen verkauft werden. Und wir alle haben mittlerweile einen Ad-Blocker im Gehirn: Sobald wir das Gefühl haben, dass uns jemand etwas verkaufen möchte, schalten wir ab. Wir reagieren nicht mehr auf klassische Marketingbotschaften, sondern wollen authentische Einblicke in Unternehmen. Die Mitarbeitenden werden Botschafter*innen des Unternehmens.

 

Mit welchen typischen Fehlern von KMU siehst du dich immer wieder konfrontiert?

Ein typisches Phänomen ist das „Wir machen etwas, nur weil alle anderen es auch machen.“ Ein Auftritt bei TikTok ist aber nur dann sinnvoll, wenn auch die eigene Zielgruppe dort aktiv ist. Und da zeigt sich dann oft, dass hinter vielen kommunikativen Maßnahmen überhaupt kein Konzept steckt: Man reagiert auf flüchtige Impulse oder Trends, macht sich aber keine Gedanken darüber, warum man das überhaupt tut. Wer sind unsere Zielgruppen, was sind unsere Ziele, welche Botschaften wollen wir transportieren? Und erst ganz am Schluss kommt dann die Frage: Was ist eigentlich der richtige Kanal, was sind die richtigen Maßnahmen?

 

Social Media funktioniert anders als die klassische Unternehmenskommunikation – wie kommt es, dass so viele Unternehmen sich noch so schwer mit dem Thema tun?

Viele Unternehmen gehen noch mit der Old-Work-Haltung an Social Media heran: Es gibt stark hierarchische Strukturen und ein mangelndes Vertrauen in die Mitarbeitenden. Das wiederum führt zu einer großen Langsamkeit, weil jeder Tweet von der Geschäftsführung abgesegnet werden muss. Ein anderes großes Thema ist die mangelnde Authentizität: In Zeiten von Social Media sprechen alle auch ÜBER ein Unternehmen – und dann fällt es sehr schnell auf, wenn hinter den ganzen schönen bunten Bildern letzten Endes doch nur eine Bruchbude steckt. Und was ich sehr kritisch sehe, ist die Fixierung auf den zweiten Bestandteil des Wortes „Social Media“: Bei Social Media geht es um den Aufbau von Beziehungen, um Vertrauen, um tragfähige Kontakte – und nicht um: Ich stürze durch deine Tür rein und knalle dir mein Angebot auf den Tisch. Und last but not least: Social Media ist nur EIN Instrument im kompletten Orchester der Unternehmenskommunikation: Es kann die anderen kommunikativen Maßnahmen nicht ersetzen, sondern nur flankieren.

 

Kommen wir noch einmal auf deinen persönlichen Werdegang zurück: Hast du Grenzerfahrungen gemacht, von denen andere Selbstständige lernen können?

Da fallen mir vor allem drei Themen ein. Erstens die Finanzkrise 2008, die meine Branche und mich ordentlich gebeutelt hat. Da war ich knapp zehn Jahre selbstständig und habe noch einmal gemerkt, dass ich ein extrem lösungsorientierter Mensch bin: Ich falle einen Moment lang in eine Schockstarre, aber dann krempele ich die Ärmel hoch und suche nach einem alternativen Weg. In der Finanzkrise war das schlichtweg die Entscheidung für eine Teilzeit-Festanstellung – ohne gleichzeitig von meinen Stundensätzen in der Selbstständigkeit abzuweichen. Denn sonst wäre ich nach der Krise nur sehr schwer wieder von diesen niedrigen Sätzen weggekommen.

 

Und die zweite große Herausforderung?

Das war natürlich Corona: Damals sind mir innerhalb weniger Tage zehntausende Euro an Einnahmen für meine Trainings weggebrochen. Nach einer zweiwöchigen Schockstarre habe ich alle meine Trainings didaktisch neu aufbereitet, bin aktiv auf Akademien zugegangen und habe diese neuen Webinare einer Zielgruppe angeboten, die plötzlich kein Angebot mehr hatte. Das Ergebnis waren die finanziell besten Jahre meiner Selbstständigkeit. Und das dritte Thema ist eine sehr persönliche Krise: Nach zehn Jahren Selbstständigkeit musste ich erfahren, dass meine Leistungsfähigkeit Grenzen hat und bin mit Vollgas in einen Burnout gerauscht. Und auch da habe ich sehr schnell reagiert und mir professionelle Unterstützung von außen gesucht.

 

Eines deiner Hobbys ist das Sammeln von Zitaten. Mit welchem Zitat möchtest du heute unser Gespräch beenden?

Das ist tatsächlich die schwerste Frage von allen, weil ich seit vielen Jahren einen Twitter-Account betreibe, über den ich jeden Tag ein Zitat teile. Deshalb lege ich mich auf zwei fest, die aber sehr gut meine Haltung zum Leben auf den Punkt bringen. Das eine ist der Satz „Der Geist ist wie ein Fallschirm: Er funktioniert nur, wenn er offen ist.“ Und das andere ist ein Zitat von Eleanor Roosevelt, das hier an meinem Schreibtisch hängt: „Do one thing every day that scares you.”

Dieser Text ist ein Auszug aus meinem Podcast „punktgenau“,  den Sie hier in voller Länge hören können.

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